Nordseeinseln: Wer hat’s erfunden?

Öömrang-Aufschrei in der “Mopo”: Klarer Fall von: “Sie nehmen uns unsere Wörter weg! Und jetzt auch unsere Inseln!!1”

Es ist ein bisschen gemein, dass ich mich heute ausgerechnet an der Hamburger Morgenpost abarbeite, denn zugegeben: Dieses Hamburger Revolverblatt ist nun mal eine Boulevardzeitung und nicht das Zentralorgan des gewerblichen Rechtsschutzes. Trotzdem: Nachdem ich heute Morgen, vermittelt durch die “Mopo”, zur Kenntnis nehmen musste, dass sich irgendwer irgendwelche nordfriesischen Inseln patentieren lässt, kann ich nicht ganz stillhalten. Aber der Reihe nach:

  1. Stimmt es, dass sich eine “US-Millionärin eine Nordsee-Insel pantentieren” ließ?
    Nein. Man kann sich Nordseeinseln nämlich nicht patentieren lassen. Zum Patent anmelden kann man (neue) Erfindungen (Siehe z.B. § 1 Abs. 1 PatG). Theoretisch Möglich wäre es also sowieso nur, eine Nordseeinsel zu patentieren, wenn man (als erster!) eine Nordseeinsel erfunden hat. Das hat, je nach Weltbild, die Eiszeit, vielleicht auch die “große Mandränke” im Jahr 1364 oder der liebe Gott (weibliche Form ist mit gemeint) in der jeweilig für vorzugswürdig gehaltenen Ausprägung getan.

    Sehr sicher aber keine “US-Millionärin”. Wahrscheinlich glaubt das aber auch nicht mal die Mopo.

  2. Um Was geht es in dem Artikel der Mopo dann eigentlich?
    Es geht wahrscheinlich gar nicht um ein Patent, sondern um eine angemeldete Marke. Nämlich um die EU-Marke “Öömrang”, denn die “gibt” es jedenfalls. Einzelheiten sind für jedermann im Markenregister einsehbar (und ja, auch für die Mopo wäre das möglich gewesen). Da steht nun auch Genaueres: es geht um Waren der Nizzaklasse 33, nämlich verschiedene alkoholische Getränke. Letztlich bedeutet es: Die Markeninhaber, eine US-Firma, meinetwegen auch eine “US Millionärin”, möchte gerne alkoholische Getränke mit dem Wort “Öömrang” kennzeichnen und anderen das verbieten. Es bedeutet also nicht, dass das Wort “Öömrang” nicht mehr benutzt werden darf oder gar den den Friesen, oder Amrumern weggenommen wird, wie das die Mopo suggeriert (Stein des Anstoßes ist hier, dass “Öömrang” auf friesisch wohl “Amrum” heißt. Scheint zu stimmen, denn es steht so auch in der Wikipedia, die als Quelle vielleicht etwas verlässlicher ist).

    Aber wir wollen der Mopo nicht Unrecht tun: Diese Art der auf möglichst große Aufregung zielende Falschinformation hat sie nicht erfunden (pun intended). So etwas passiert leider regelmäßig, wenn es um das Markenrecht geht. Ich habe dazu im Zusammenhang mit “Hakuna Matata” dem DLF vor ein paar Jahren mal ein Interview gegeben. Näheres dazu ist hier nachzulesen.

  3. Das böse Wort “Abmahnung” darf natürlich in dem Text auch nicht fehlen, 1.850,00 € muss ein Amrumer wohl bezahlen, der “Öömrang” für einen Gin nutzen möchte… Aber nein! Doch nicht! Welch unerwartete Wendung: Man hat sich irgendwie doch ganz unspektakulär geeinigt, auch wegen der Anwaltskosten. Das erfährt man aber nur, wenn man nicht nur die hirnrissige Überschrift, sondern Mopo-Text zu Ende liest.

    Na gut, das hätte man natürlich auch mit etwas weniger Aufregung haben können, hätte man mal ins Markenregister geschaut, bevor man mit dem Verkauf von “Öömrang”-Gin loslegt. Vielleicht hätte die Sache auch noch ganz anders ausgehen können, wenn man auch nochmal ins Markengesetz bzw. die EU-Markenverordnung geschaut hätte, da steht in Art. 7 Abs. 1c und 1g nämlich etwas von geografischen Bezeichnungen, die unter Umständen gar nicht als Marke angemeldet werden dürfen. Aber ja: Da ich den Sachverhalt nur aus der Zeitung, und zwar: dieser bestimmten Zeitung, kenne, weiß ich wohl auch nicht alles, um das wirklich beurteilen zu können. Und man kann sich sicher darum streiten, ob “Öömrang” eine solche geografische Bezeichnung darstellen könnte.

Was ich allerdings sicher weiß, ist, dass die unterirdische Qualität dieses Textes kein Einzelfall ist, wenn es um “Presse” und “Recht” geht. Das ist für den/die Jurist:in weniger ein Problem, denn man kann sich ja in etwa zusammenreimen, was gemeint ist. Problem nur: Andere Leute glauben’s halt und regen sich mehr auf als Ihnen und uns allen guttut. Und auf anderen Gebieten ist die Qualität vielleicht auch nicht viel besser.

Über Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

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