VvU#002: Und täglich grüßt der vzbv

in der zweiten Folge meines Videologs von unterwegs spreche ich kurz über ein weiteres Urteil, das der vzbv gegen Google erstritten hat und etwas länger darüber, was mich daran wundert.

Die Pressemitteilung des vbzv (ohne “n”) zum aktuellen Urteil ist hier zu finden. Informationen zum Verfahren des ULD gegen die WAK-SH seit 2011 z.B. hier. Und ja, meine Turnschuhe quietschen ein wenig.

Jurafunk Nr. 140: Böhmermann / Informationsfreiheit / Google / Facebook

Kaum beginnt das Jahr so richtig, ist bereits der erste Jurafunk des Jahrgangs 2017 fertig. In Folge 140 befassen wir uns mit einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz im “Fall Böhmermann”, mit der Haftung von Google bei (wiederholter) Veröffentlichung (angeblich) rechtsverletzender Inhalte, mit der Frage, ob der Anwalt Werbung auf der Dienstkleidung haben darf und mit einer (kollektiv-)arbeitsrechtlichen Entscheidung zu Facebook.

 

Jurafunk Nr. 140 – Inhaltsübersicht

00‘00“: Intro: Frohes Neues Jahr!
02‘00“: Krasemann3
03‘00“: Der “Fall Böhmermann” und das Informationsfreiheitsgesetz (VG Berlin-Brandenburg OVG 6 S 29.16)
13‘25“: Google und die Löschungspflichten (OLG Karlsruhe 6 U 2/15)
21‘25“: Die Anwaltsrobe und die Werbung (BGH AnwZ 47/15)
24‘20“: Der Betriebsrat und die Facebook-Seite (BAG 1 ABR 7/15)
26‘37“: Outro

Notizen und Hinweise:

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit geht gegen Facebooks Klarnamenpflicht vor (Update)

Ob’s ein Abschiedsgeschenk für den frisch geschiedenen Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz in Schleswig-Holstein (ULD) war? Der Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI), Prof. Dr. Johannes Caspar, geht derzeit im Wege der Ordnungsverfügung gegen die Klarnamenpflicht des Sozialen Netzwerks Facebook vor, wie einer Presseinformation seiner Behörde zu entnehmen ist. Ganz neu ist die “Idee” nicht. (Update: Die Verfügung liegt uns nun im Volltext vor und ist hier abzurufen)

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Jurafunk Nr. 123: Einstweilige Verfügung gegen Google-Suchergebnis, keine Markenrechtsverletzung durch “mobilcomonline.de”

Nach kleinerer Schaffenspause gibt es heute endlich wieder eine Ausgabe des Jurafunks. In der bereits 123. Folge unseres Kieler Partnerpodcasts widmen wir uns zwei aktuellen Entscheidungen aus dem Medienrecht und dem Bereich des geistige Eigentums – wobei selbstverständlich eine strikte Nord-Süd-Ausgewogenheit gewahrt bleibt: Einerseits geht es um eine Entscheidung des OLG München, die ein rechtsverletzendes Google-Suchergebnis zum Gegenstand hatte, andererseits hatte das OLG Schleswig über die Frage zu entscheiden, ob allein das Impressum einer Webseite dazu führen kann, dass eine Domainnutzung zur Markenrechtsverletzung wird.  Mehr

BGH: Bewertungsportale für Ärzte datenschutzrechtlich zulässig

Die Zulässigkeit von Ärztebewertungen im Internet war bereits an verschiedenen Stellen in diesem Blog Thema. In dieser Woche hat sich nun auch der Bundesgerichtshof (BGH) der Sache angenommen und höchstrichterlich entschieden, was Ärzte hier unter Datenschutzaspekten dulden müssen. Nämlich: Eine ganze Menge.

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Recht auf „Vergessen werden“: Die Wahrheit als Datenschutzproblem

George Orwells Meisterwerk „1984“ wird von den Datenschutzbeauftragten dieses Landes und wohl auch von den Datenschutzbehörden anderer europäischer Länder oftmals bemüht, wenn es darum geht, den Gegner begreifbar werden zu lassen: Die Vision der Totalüberwachung ist es, die es um fast jeden Preis zu verhindern gilt. Der Einzelne soll Herr seiner Daten bleiben, der gläserne Mensch ist die Horrorvision. Mit seinem Urteil vom 13.5.2014 (Az.: C – 131/12) hat der Europäische Gerichtshof nunmehr allerdings einen ganz anderen Aspekt der Orwellschen Vorlage in greifbare Nähe gerückt: Die Datenschutzbehörden sind auf dem Weg dahin, zu Wahrheitsministerien zu werden.

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Was das Autocomplete-Urteil wirklich bedeutet…

… war gestern ja noch einigermaßen unklar.Widersprüchliche Pressemeldungen und  Experten-Deutungen machten die Runde, man konnte da ganz schön ins Schleudern kommen. Ich will mich deshalb einmal an den Versuch eines Überblicks wagen.

Leider fehlt mir an dieser Stelle der entsprechende Screenshot, aber den Preis für die unterhaltsamste Verwirrung dürfte der Berliner Tagesspiegel gewonnen haben, der in seiner Online-Ausgabe vermeldete, Google habe nun verloren,  Autocomplete sei rechtens. Auf twitter kann man hierüber noch schmunzeln:

Bei der Tagesschau verlässt man sich da schon lieber auf die “Urteilsbegründung” und verlinkt dorthin – da die aber leider noch gar nicht vorliegt, verwechselt man die Pressemitteilung des BGH kurzerhand mit dieser.

heise wiederrum schiebt der ersten Meldung einige Updates hinterher, was zwar für Vollständigkeit sorgt, aber nicht unbedingt für Durchblick (für den sorgt Stadler erst später, dazu unten mehr).

Ich will erst einmal vorn anfangen. Und zwar ganz vorn.

Dieser Text hier handelt von Bettina Wulff und ihrem eigenen Rechtsstreit gegen Google wegen der Autocomplete-Funktion Googles, welche zu ihrem Namen zeitweise schlüpfrige Begriffe ergänzte.

Irgendetwas mit “Escortservice” und “Rotlicht” stand da wohl, anknüpfend an längst widerlegte Gerüchte aus der Vergangenheit der Ex-Firstlady, die sich im Netz verbreiteten und nach denen vermutlich häufig gesucht wird.

In dem verlinkten Blogbeitrag komme ich zu dem Schluss, dass Frau Wullf ihren Prozess sehr wahrscheinlich verlieren wird, da der Autocomplete-Funktion an sich keinerlei Aussagekraft zukommt. Kurz gesagt habe ich postuliert:

Es mag zwar sein, dass es Frau Wullf unangenehm findet, dass da “Escortervice” neben ihrem Namen steht. Die Behauptung aber, sie habe in einem solchen gearbeitet, wird ein verständiger User dieser Tatsache aber nicht beimessen. Und deshalb habe ich dort keine Persönlichkeitsrechtsverletzung gesehen, die aber Voraussetzung z.B. für einen Unterlassungsanspruch wäre. Ergo: Wohl Klageabweisung in der “Causa Wulff II”.

Das Landgericht Hamburg hat hier bislang noch nicht entschieden, sondern wollte die Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) in anderer Sache abwarten, die Relevanz für diese Causa Wulff II hat. Und die ist nun am 14.5. ergangen: Die Autocomplete-Entscheidung.

Vervollständigung durch “Betrug” und “Scientology”
Darin ging es um ein Unterlassungsbegehren eines Unternehmers, bei dem die Google-Autocomplete-Funktion bei Eingabe seines Namens “Betrug” und “Scientology” ergänzte. Die Bundesrichter gaben dem Kläger nun in der Sache grundsätzlich Recht: Anders als die Vorinstanzen und insoweit wohl nicht nur für mich überraschend, kamen sie zu dem Schluss, dass der Vervollständigungsfunktion ein “fassbarer Aussagegehalt” zukäme. In der Pressemitteilung (!) des BGH heißt es dazu:

Die Suchwortergänzungsvorschläge “Scientology” und “Betrug” bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten beinhalten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohnt, zwischen dem Kläger zu 2 und den negativ belegten Begriffen “Scientology” und/oder “Betrug” besteht ein sachlicher Zusammenhang.

Die Kläger würden [durch die Ergänzung der Begriffe] in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn diese Aussage – wie sie vorgetragen haben – unwahr wäre und deshalb in der Abwägung ihrer grundrechtlich geschützten Position gegenüber derjenigen der Beklagten das Übergewicht zukäme.

Dem verständigen Leser fällt auf, dass hier so ziemlich das genaue Gegenteil meiner Prognose in der Causa Wullf II wahr geworden ist  – und ich kann an dieser Stelle nicht umhin, diese Entscheidung für falsch zu halten, und zwar aus den genannten Gründen.

Allerdings sind für eine endgültige Aussage darüber, ob in Sachen Wulff tatsächlich exakt gleich zu entscheiden ist, zunächst die Urteilsgründe abzuwarten, die, wie gesagt, nicht mit der Pressemitteilung identisch sind und aus denen sich, wie man in Juristenkreisen nur zu gut weiß, oftmals neue Aspekte ergeben, die in der Vergangenheit auch bereits in Widerspruch zu Pressemitteilungen des BGH gestanden haben.

Dies gilt insbesondere hier auch deshalb, weil der Kläger in der vorliegenden Angelegenheit unter anderem vorgetragen hat, dass die angezeigten Suchergebnisse keinen Zusammenhang mit den per Autocomplete vorgeschlagenen Begriffen aufwiesen. Und dieser (fehlende) Kontext könnte, wenn er mit einbezogen werden müsste, in anderen Sachverhalten zu anderen Ergebnissen führen (Wie auch Kollege Stadler m.E. zutreffend auf heise.de darlegt).

Für das Fazit, dass Google nunmehr die Autocomplete-Funktion komplett abschalten müsse, wie der Kollege Solmecke auf Tagesschau.de resümiert, ist es m.E. daher auch noch deutlich zu früh.

Insbesondere auch, da gemäß der bislang allein bekannten Pressemitteilung des BGH gerade keine Vorab-Prüfung der entsprechender “Aussagen” der Autocomplete-Funktion postuliert wird.

Erst wenn Prüfpflichten bestehen, muss auch geprüft werden, so das Gericht. Und die wiederum setzen regelmäßig die Kenntnis der fraglichen Rechtsverletzung voraus. Wir bewegen uns also im Bereich der Grundsätze, die der BGH für die Störerhaftung entwickelt hat und hier lassen sich aus meiner Sicht durchaus Möglichkeiten eines Beschwerdemanagements vorstellen, die Autocomplete “retten” können.

Soviel erst einmal dazu. Morgen gehts dann endlich wieder um was anderes – Nämlich: Um den BGH und das Embedding. Da wird’s auch wieder spannend nachzulesen, wie die Entscheidung in den Medien aufgefasst wird. Mein Tipp ist: Es könnte sich lohnen, heute.de zu lesen. Aus Gründen.

Edit:Der zweite Satz im vorletzten Absatz begann in einer früheren Version des Textes mit dem Halbsatz: “Wir bewegen uns also im Bereich der Störerhaftung”. Dies ist nicht ganz korrekt, wenigstens aber ungenau: der BGH wendet hier nur die Grundsätze an, die für den Bereich Störerhaftung entwickelt wurden, worauf mich der Kollege Prof. Härting zutreffenderweise hingewiesen hat. Danke dafür!