OLG Köln: § 22 Kunsturhebergesetz trotz DSGVO anwendbar

Es ist einer der großen Aufreger im Zuge der Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) seit 25.5.2018: Was bedeutet die DSGVO für § 22 und 23 des Kunsturhebergesetzes (KUG)? Diese Vorschrift regelte bislang das “Recht am eigenen Bild”, also die Frage, unter welchen Voraussetzungen Fotos veröffentlicht werden dürfen, auf denen Personen erkennbar abgebildet sind. 70 Jahre geltender Rechtsprechung im Bereich des Bildnisrechts befassen sich mit dieser Norm und ihrer Auslegung – und die Frage, ob diese seit dem 25.5. noch Gültigkeit hat ist genau so Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen Juristen, Journalisten und Datenschützern wie die Frage, ob denn Nun die DSGVO mit allem daranhängenden “Geraffel” – vor allem Dokumentations- und Informationspflichten so wie Betroffenenrechte wie Löschung usw. – auch für das Anfertigen und Veröffentlichen von Fotos und Bewegtbildern gilt.

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Babyfotos in sozialen Medien: Eltern haften gegenüber Ihren Kindern

Eigentlich war die Meldung wohl eher als Kuriosum gedacht – als etwas, worüber man kurz schmunzeln und den Kopf schütteln sollte: Unter anderem die Kieler Nachrichten berichteten vergangene Woche über den Fall einer 18-jährigen, die von den Social-Media-Aktivitäten ihrer Eltern angeblich gestrichen die Nase voll hatte und sie nunmehr gerichtlich in Anspruch nahm, weil sie nicht aufhörten “Töpfchen-Fotos” von ihr zu posten. Das ganze spielte angeblich in Österreich – und es gibt Zweifel daran, dass sie sich tatsächlich zugetragen hat.

Tatsächlich gibt es auch in Deutschland schon länger zurückreichende gerichtliche Entscheidungen dazu, inwieweit Minderjährige es zu dulden haben, dass andere – das können Erziehungsberechtigte oder auch die Schule sein – über ihren Kopf hinweg über die Nutzung von Fotografien entscheiden.

Dass solche Konstellationen in Deutschland durchaus möglich sind, liegt auch daran, dass es bei der Verfügungsbefugnis im Bereich der Persönlichkeitsrechte streitig ist, welche Rechtsnatur die Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildnissen nach § 22 Kunsturhebergesetz hat. Einerseits soll es sich dabei um eine geschäftsähnliche Handlung handeln, bei der im Wesentlichen die Regeln für Willenserklärungen gelten. Dann könnten aber bis zum vollendeten 18. Lebensjahr die Eltern allein entscheiden wo und wie Fotos ihrer Kinder veröffentlicht werden. Dass dies in letzter Konsequenz kaum sachgerecht ist, drängt sich andererseits auf.  So sollte eine 16-Jährige allein darüber entscheiden können, ob von ihr Aktaufnahmen angefertigt werden (OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 742).

Daher haben Jugendliche ab dem Zeitpunkt, zu dem sie die Einsichtsfähigkeit besitzen, zum Beispiel die Tragweite einer Einwilligung in die Nutzung von Bildmaterial in sozialen Medien oder in einem Schuljahrbuch zu verstehen, zumindest mitzureden: Ab etwa dem vollendeten 14. Lebensjahr sind deshalb Einwilligungen von betroffenen Minderjährigen und den Erziehungsberechtigten notwendig, um bei einer Veröffentlichung auf der sicheren Seite zu sein. Und natürlich können Eltern dann auch nicht mehr allein entscheiden, was sie mit den Kinderfotos anstellen.

Aber zurück zum Ausgangsfall: Es mag dahinstehen, ob es ihn in der konkreten Form jemals gab. Ich bin ziemlich sicher, dass es unabhängig davon ähnliche Fälle in Zukunft auch in Deutschland geben wird. Denn nicht in allen Familien, in denen die Eltern heute wie manisch Fotos ihrer Kleinen in allen möglichen und unmöglichen Lebenslagen posten, herrscht zwischen den Beteiligten Familienmitgliedern für immer eitel Sonnenschein.

Und wenn eine 16-jährige Tochter dann (zurecht) irgendwann die Nase voll davon hat, überall im Internet mit den eigenen Kinderfotos konfrontiert zu werden, stellt sich nur noch die Frage, ob man mit einer innerfamiliären Angelegenheit wirklich Anwälte und schlimmstenfalls sogar Gerichte befassen möchte.

Diese Frage kann aber nicht nur der Fachanwalt für Familienrecht lediglich mit einen matten Lächeln quittieren: Diese Konstellationen sind in fast allen Rechtsgebieten, auch im Medienrecht, tägliches Geschäft. Vor mir saßen schon Väter, die die Persönlichkeitsrechte ihrer fast 25-jährigen Töchter gegen deren Willen verwalten zu glauben konnten. Genauso wie 16-Jährige, die sich gegen die eigenen Eltern zur Wehr setzten mussten, die Schmähwebseiten über ihre (angeblich missratenen) Kinder ins Netz gestellt hatten.

Auch wenn bei mir noch niemand wegen der Löschung von durch die Eltern geposteten Babyfotos vorstellig geworden ist: Wenn’s morgen zum ersten mal passiert, wäre ich wirklich nicht überrascht.

Die Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildnissen muss (manchmal) schriftlich erfolgen, meint das BAG

Dass der Siegeszug der Digitalisierung Auswirkungen auf das Recht hat, muss ich in diesem Blog kaum erwähnen: immerhin drehen sich fast alle Beiträge um genau diese Tatsache. Trotzdem gibt es immer wieder recht überraschende Entscheidungen, an denen sich diese Erkenntnis manifestiert. Zu diesen gehört ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das die Anforderungen an eine Einwilligung in die Bildnisnutzung zum Gegenstand hat  (BAG, Urteil vom 11. 12. 2014 – 8 AZR 1010/13).

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