BGH: Keine Panoramafreiheit für Drohnenaufnahmen

Drohnenfotografen hassen diesen Trick: Der BGH hat entschieden, dass die Panoramafreiheit aus § 59 UrhG nicht für Aufnahmen von Werken gilt, die aus der Luft mit einer Drohne hergestellt werden. “Aus der Luft” ist nicht eben nicht gleich “von öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen” aus (BGH, Urt. v. 23.10.2024, I ZR 67/23).

Worum geht’s?

Es geht konkret um das Thema “fremde Werke in eigenen Werken ohne Zustimmung des Urhebers verwenden”. Wie regelmäßige Leser dieses Blogs wissen, gebietet das Urheberrecht grundsätzlich, den Urheber darüber entscheiden zu lassen, ob seine Kunstwerke genutzt werden dürfen. Zum Beispiel: in dem diese Werke vervielfältigt werden und etwa in einem Buch erscheinen, im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden oder sonst in urheberrechtlich relevanter Weise genutzt werden (§ 97 UrhG).

Allerdings gilt diese Regel, wie das Wort “grundsätzlich” im vorigen Absatz bereits andeutet, eben nicht immer, mit anderen Worten: Auch das Urheberrecht ist nicht schrankenlos. Ganz im Gegenteil: Es existiert ein ganzer Zoo von Urheberrechts-Schranken, manche davon stehen im Gesetz; manche davon erfindet der Bundesgerichtshof, wenn ihm zum Beispiel “Vorschaubilder” oder “Fototapeten” vor die Nase gehalten werden.

Eine von den gesetzlichen Schranken des Urheberrechts ist die Panoramafreiheit aus § 59 UrhG, die es, kurz gesagt, erlaubt, solche Kunstwerke auch ohne Einwilligung des Urhebers zu nutzen, die sich “bleibend” an öffentlichen Plätzen befinden. Dann darf man diese Werke “mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film vervielfältigen, verbreiten und öffentlich wiedergeben”.

Die Frage der Zulässigkeit von Hilfsmitteln bei der Anfertigung der “Kopie” eines Werks (z.B. Leiter, Hubschrauber usw.) stellt sich dabei schon lange und war immer mal wieder Gegenstand von Gerichtsentscheidungen, ebenso die gern “vergessene” Voraussetzung, dass sich das jeweilige Werk “bleibend” da befinden muss, wo es sich eben befinden muss (öffentliche Wege, Straßen, Plätze).

In Bezug auf Drohnen war die Rechtslage bisher aber nicht so klar. Teilweise haben Instanzgerichte in den vergangenen Jahren eine großzügige Auslegung von § 59 UrhG für richtig gehalten, die eben auch Drohnenfotos “von oben” von der Panoramafreiheit gedeckt sah. Dem hat der BGH nun endgültig eine Absage erteilt.

Der konkrete Fall:

Im konkreten Fall klagte ein Verwertungsgesellschaft auf Unterlassung und Lizenzschadensersatz wegen der Nutzung von Fotografien in einem Buch (u.A. “Über alle Berge – der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“). Diese waren mit einer Drohne hergestellt und zeigten unter anderem Luftaufnahmen von Kunstinstallation auf Bergehalden im Ruhrgebiet (z.B. diejenigen mit den Titeln “Sonnenuhr mit Geokreuz”, “Nachtzeichen”, “Himmelstreppe” und “Tetraeder”). Die Verwertungsgesellschaft nahm die Rechte der jeweiligen Künstler bzw. ihrer Erben war, soweit es um Fotografien ihrer Werke ging.

Der Beklagte Verlag trat dem mit dem Verweis auf die Panoramafreiheit entgegen. In den Vorinstanzen (OLG Hamm, Urteil vom 27. April 2023 – I-4 U 247/21; LG Bochum, 18. November 2021, 8 O 97/21) lautete das Argument der Beklagten hier vor Allem, dass man die fraglichen Aufnahmen auch auf andere Weise als mit Drohnen hätte herstellen können, ohne allerdings konkret darzulegen, wie dies geschehen soll.

Der Bundesgerichtshof kommt nun in seinem Urteil in Bezug auf die Unterlassungsansprüche zu keinem anderen Ergebnis als die Vorinstanzen:

Es seien hier Informations- und Kommunikationsfreiheit der Werknutzer gegen das geistige Eigentum der Urheber abzuwägen. Auch bei unionsrechtskonformer Auslegung sei den “berechtigten Interesse der Urheber, an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke tunlichst beteiligt zu werden”, im Fall der der Nutzung von mit Hilfe von Drohnen aus der Luft gerfertigten Lichtbildern der Vorrang einzuräummen (BGH, Pressemitteilung vom 23.10.2024).

Demgemäß also das für manchen Fotografen ernüchternde Fazit:

“Keine Panoramafreiheit für Drohnenaufnahmen”.

Der Vollständigkeit halber sei aber noch erwähnt, dass der BGH beim Lizenzschadensersatz ein kleines Trostpflaster für die Beklagteim konkreten Fall hatte. Denn sie hatte die Berechtigten bei der Nutzung ausreichend genannt, sodass zumindest kein “Verletzeraufschlag” zu zahlen war.

Auch weise ich darauf hin, dass die schriftliche Urteilsbegründung des BGH bei Abfassung dieses Beitrags noch nicht vorlag. Soweit nicht aus der verlinkten Pressemitteilung ersichtlich, stammen die Informationen aus den Entscheidungen der Instanzgerichte.

Mehr zum Thema: Drohnenaufnahmen: Dos and Don’ts

Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

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