Rüm Hart – Klaar Kiming? – Klarer Fall von Öömrang

Erst das 9-Euro-Ticket, dann Punks auf der Promenade und jetzt auch noch das: Wie die “Sylter Rundschau” berichtet (nachzulesen auf shz.de, Bezahlschranke), hat das “bayerische Patentamt” (auf dem Festland auch bekannt als “Deutsches Patent- und Markenamt”) sich erdreistet, „RÜM HART KLAAR KIMING“ im Mai 2022 als Wortmarke in das Markenregister einzutragen. Die Ammelderin, Frau D., hatte die Marke Ende 2021 angemeldet. Beansprucht werden die Nizzaklassen 14, 16, 24 und 25 (das sind die Waren und Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht: Schmuck, ein paar Drucksachen, Wimpel, Fahnen und Klamotten – was man eben so im Touri-Laden kaufen kann).

Das Problem: Bei der Marke handelt es sich – jedenfalls, wenn man der o.g. Berichterstattung hierzu glauben darf – um einen Leitspruch der Nordfriesen. Ehrlich gesagt: nie gehört.

Der Verfasser, des Friesischen selbst nicht mächtig, muss es ganz einfach glauben, wenn er in der Zeitung liest, dass “Rüm Hart – Klaar Kiming“ „reines Herz – weiter Horizont“ heißt. Wie nicht anders zu erwarten, hat sich aus diesem an sich nicht so wirklich aufregenden Sachverhalt ein sehr aufregender Fall aufsteigender Markenrechtswut entwickelt.

Sie nehmen uns schon wieder unsere Wörter weg!

Ich habe mir den Text der Sylter Rundschau zu der Affäre aufmerksam durchgelesen, um dann allerdings festzustellen, dass dies völlig unnötig war – Sie müssen also (jedenfalls wegen dieses Artikels) kein Abo abschließen. Denn es handelt sich um einen klassischen Sie-nehmen-uns-unsere-Wörter-weg-Aufreger aus der “Hakuna Matata” oder auch “Öömrang”-Kategorie. Sie wissen schon: “Jetzt darf man bald gar nichts mehr sagen, ohne dafür abgemahnt zu werden!”

Kernzutaten: Fundamentale Unkenntnis über das Markenrecht und rechtschaffende Lokalpatriotenwut. Zu Wort kommen in der Regel: Irgendein Inselbürgermeister oder Vorsitzender von einem Verein oder vielleicht jemand von einer Inselpartei (rechtschaffend empört) sowie der Anmelder oder die Anmelderin der Marke (hier: Frau D. in der Rolle der Unschuld vom Lande bzw. von der Insel, die eigentlich niemandem was wollte, aber die Abmahnanwälte haben sie zu allem gezwungen).

Manchmal stelle ich mir vor, wie der/die zuständige Redakteur:in dem/der Mitarbeiter:in vor Ort einschärft: “Frag den Täter, frag das Opfer. Aber frag bloß niemand, der Ahnung hat. Da ist hinterher die ganze Story im Eimer!”

Wer es etwas weniger gefühlig und ein bisschen evidenzbasierter mag, kann zur Thematik mal einen Blick ins Markenregister werfen und nach – sagen wir – “RÜM HART” recherchieren. Das Ergebnis ist ganz interessant. Es ergibt sich nämlich, dass bereits 2015 ein (gescheiterter) Versuch stattgefunden hat, genau dieses Zeichen als Wortmarke anzumelden. Daneben gibt es noch eine Eintragung für “RÜM HART” aus 2012. Die Schutzfrist endet Mitte 2022.

Die Registersituation kann man wohl ungefähr so zusammenfassen: “RÜM HART KLAAR KIMING” ist erstmal da – aber es gibt im Register ein Zeichen, das älter und teilweise identisch ist. Nicht so gut aus Sicht des Anmelders des jüngeren Zeichens. Waren und Dienstleistungen sind auf den ersten Blick zwar andere, das kann sich bei genauerem Hinsehen aber anders darstellen, gerade wenn sie sehr allgemein gefasst sind.

“RÜM HART KLAAR KIMING” selbst hätte eigentlich eher nicht eingetragen werden dürfen, da das Zeichen als “Slogan” oder “Parole” nicht so recht unterscheidungskräftig ist. Ich würde hier von einem absoluten Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausgehen. Deswegen ist wohl auch in 2015 die Eintragung gescheitert (ich mutmaße hier nur, aber es ist durchaus ein educated guess).

Interessant dabei ist aber, dass es bei diesem Eintragungshindernis gerade nicht darum geht, dass verhindert werden muss, dass den Syltern ihre Worte (nicht) weggenommen werden.

Sondern darum, dass Slogans und Parolen ganz einfach in der Regel nicht dazu geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen zu kennzeichnen, weil: wischi-waschi.

Für die Wortmarke “RÜM HART” (das ist die kürzere Marke, deren Schutzfrist demnächst endet), sähe das meines Erachtens aber vielleicht anders aus. Auch ist es natürlich nicht unmöglich, Begriffe, die alltagssprachlich eine Bedeutung haben, als Marke einzutragen (Die Bedeutung sollte, kurz gesagt, mit den Produkten nur möglichst wenig zu tun haben).

Frau D., die sich in der Zeitung sinngemäß damit zitieren lässt, dass man nur durch die Anmeldung einer Marke einer markenrechtlichen Abmahnung entgehen könne, könnte sich darin (u.a. deshalb) sehr täuschen, denn die Anmeldung einer Marke stellt oftmals gerade die Verletzung eines prioritätsälteren Schutzrechts dar. Auch glaube ich nicht so recht, dass ihre Eintragung einen Widerspruch oder ein Löschungsverfahren übersteht.

In jedem Fall geht es hier aber überhaupt nicht darum, wem “Rüm Hart – Klaar Kiming” gehört, wie die Zeitung meint. Denn das regelt das Markenrecht nicht. Wirklich: Kein Sylter und keine Sylterin muss eine Abmahnung fürchten, nur weil er den Wahlspruch weiter als Wahlspruch benutzt.

In diesem Sinne: Rüm Hart – Klaar Kiming!

Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

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