Mir liegt wieder eine Reihe Abmahnungen der Kanzlei “IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft” wegen der Nutzung von Musik in Instagram-Reels vor. Dabei geht es um Musik, die Instagram / Meta selbst zur Verfügung stellt, von der die Abgemahnten also annahmen, dass sie ordnungsgemäß lizenziert sei und man sie benutzen dürfe. Das stimmt aber nicht immer. Denn wie Meta in den Nutzungsbedingungen über den Zugriff auf die Musibibliothek auf Instagram für lizenzierte Musik ausdrücklich klarstellt, ist der Zugriff auf die der Musikbibliothek nur für für die “persönliche und nicht kommerzielle Nutzung” erlaubt. Für die kommerzielle Nutzung steht (nur) die “Meta Sound Collection” zur Verfügung.
Diese Art der Abmahnung folgt einem Muster, das wir auch aus anderen Bereichen kennen bzw kannten, nämlich der Verfolgung illegaler Filesharing-Angebote von Musik und Filmen über P2P.
Und nicht nur das: Auch die Protagonisten auf Seiten der Rechteinhaber sind dieselben. Unterzeichnet hat die Abmahnungen der IPPC Rechtsanwalts-GmbH, die mir vorliegen, ein (mir bislang ausschließlich) aus alten Filesharing-Zeiten gut “bekannter” Kollege, nämlich Rechtsanwalt Daniel S. aus Berlin.
Und auch das Musiklabel, für das die mir vorliegenden Abmahnungen ausgesprochen werden – B1 Records – hat Rechtsanwalt S., damals noch mit seiner Einzelkanzlei, bereits im Rahmen von vielen, wirklich: sehr, sehr vielen Filesharing – Abmahnfällen vertreten. Gemeinsam haben die damaligen Filesharing-Abmahnungen mit den Instagram-Abmahnungen von heute also Einiges.
Unter anderem die Tatsache, dass sich die Abgemahnten in der Regel keines Fehlverhaltens bewusst sind. Denn auch wenn Meta tatsächlich “eindeutig” auf die Grenzen der Lizenzen hinweist; und auch wenn es natürlich schon ganz grundsätzlich keine Gute Idee ist, ein privates Konto für geschäftliche oder gewerbliche Social-Media-Aktivitäten zu verwenden, fühlen sich solche Abmahnungen für die Betroffenen wohl besonders gemein an.
Zumal ja nur vordergründig Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden (die wegen der hohen Streitwerte für interessante Rechtsanwaltsgebühren sorgen) und es am Ende vor allem ums Geld geht.
Und mal ehrlich: Wer liest schon die Meta-AGB so genau durch, wenn bevor er oder sie mit “Instagram” loslegt …
Was tun Wenn die Instagram-Abmahnung ins Haus flattert?
Abmahnungen wie die obigen sollten erst einmal ernst genommen werden. Sie sind kein Fake und auch kein Betrug. Das gilt vor allem, wenn der dargestellte Sachverhalt doch irgendwie bekannt erscheint. Weil z.B. eine oder mehrere der folgenden Feststellungen bei nüchterner Betrachtung zutrifft:
- Es ist die Rede von meinem/unserem Instagram-Kanal.
- Das dazugehörige Konto ist “eigentlich” privat.
- Wir sind/ ich bin aber ein Unternehmen / ein Freiberufler*in.
- Ich habe / Wir haben ein Reel gepostet und dabei die Instagram-Musikbibliothek genutzt.
- Auf diese dieses Reel und diese Nutzung bezieht sich die Abmahnung ausdrücklich (mit URL!).
Im Ausgangspunkt haben diese Abmahnschreiben dann einen validen Hintergrund, der sich weder durch Ignorieren noch durch Internet-Urheberrechts-Voodo (Stichworte: “fehlende Originalvollmacht”, formale Fehler, kurze Fristen usw.) wegwünschen lässt. Andererseits gilt wie immer: Man sollte ungeprüft nichts unterschreiben, erst recht nicht Vergleichsangebote, die versprechen, dass alles schnell vorbei wieder vorbei ist, wenn man nur schnell unterschreibt und zahlt.
Ob eine Nutzung noch privat oder als schon kommerziell anzusehen ist, ist dann im Einzelfall zu prüfen – auf den Gesamteindruck kommt es letzlich an.
Jedenfalls hängt diese Frage aber nicht am Accounttyp (privates Instagram-Konto / Instagram Business Account). Generell und auch unabhängig von den hier besprochenen Abmahnungen sollten es Unternehmen und Unternehmer*innen vermeiden, auf Social Media private Accounts zu geschäftlichen Zwecken zu verwenden, wenn es eine “Business”-Alternative gibt. Denn das Verschleiern geschäftlicher Handlungen ist auch unabhängig von Urheberrechtsverletzungen nicht erlaubt.
Zurück zum Urheberrecht:
Auch dem Grunde nach gerechtfertigte Abmahnungen, ob nun wegen Musik auf Instagram oder wegen anderer Urheberrechtsverletzungen, z.B. durch die Nutzung von Fotografien ohne Lizenz, lassen sich oftmals außergerichtlich und viel weniger schmerzhaft lösen, also die horrenden (und oftmals wirklich viel zu hohen) Forderungen aus den Abmahnschreiben auf den ersten Blick vermuten lassen.
Und auch Abmahnern passieren Fehler, die man allerdings (er-)kennen muss. Hier ist dann oft Eile geboten, denn die kurzen Fristen, die in Abmahnungen gesetzt werden, sind grundsätzlich meist rechtens.
Mehr zum Thema Urheberrecht, Abmahnungen und Unterlassungserklärungen gib es in den folgenden Beiträgen:
Full Disclosure:
Der Verfasser ist u.A. Fachanwalt für das Urheberecht. Als solcher spricht er auch selbst regelmäßig Abmahnungen für Urheber*innen und andere Berechtigte aus, berät und vertritt aber natürlich auch von Abmahnungen Betroffene.