EuGH: PSP-Cheatsoftware “Action Replay” ist keine Urheberrechtsverletzung

Am 17.10.2024 hat der EuGH im Verfahren “Action Replay” (EuGH, Urt. v. 17.10.2024, Rechtssache C‑159/23) entschieden, dass eine Cheat-Software, die gleichzeitig mit einem anderen Programm läuft und dessen Variablen (und auch das Nutzerinterface) ändert, nicht in die Urheberrechte an dem “anderen” Programm eingreift. Auch wenn die Spielkonsole, um deren Spiele es in dem Urteil ging, nämlich die “PlayStation Portable” schon seit 10 Jahren nicht mehr existiert, ist die Entscheidung dennoch hochaktuell. Denn sie wird den Ausgang eines weiteren Verfahrens, das der BGH am 7.11.2024 entscheidet (anhängig beim BGH, AZ I ZR 131/23; Vorinstanz: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 24. August 2023 – 5 U 20/22 – Adblocker) wohl bestimmen. (Hierzu Update vom 7.11.2024 am Ende dieses Beitrags beachten)

Worum geht’s?

Es geht um den Urheberrechtsschutz an Computerprogrammen. Diese sind urheberrechtlich wie literarische Werke geschützt, das heißt: Eine Veränderung (“Umarbeitung”) ist nur mit Zustimmung des Rechtsnhabers zulässig. Das ist als Urheber in der Theorie erst einmal der Programmierer oder die Prografmmierin; Praktisch sind natürlich in aller Regel Dritten ausschließliche Nutzungs- und Verwertungsrechte eingeräumt, insbesondere nämlich den Unternehmen, für oder bei denen die Coder selbst den entsprechenden Code entwickelt haben.

Im konkreten, vom EuGH entschiedenen Fall handelte es sich bei dem Endprodukt, das den entsprechenden Code enthielt, um die “PlayStation Portable”, also eine Spielkonsole von Sony. Für diese Spielkonsole existierten Erweiterungen von Drittanbietern; einerseits ein so genannter “Tilt FX”, der es ermöglichte die PSP durch Bewegung im Raum zu steuern; andererseits ein Produkt namens “Action Replay PSP”, das einige Cheat-Funktionen integrierte. Beide Produkte hatten gemeinsam, dass sie während der Laufzeit des Spiels “Motorstorm: Arctic Edge” von diesem im Arbeitsspeicher abgelegte Variablen veränderten und dem Nutzerinterface (“Menü”) weitere Optionen hinzufügten. Sony sah dies als Eingriff in seine Rechte an der Spielesoftware an, nämlich als eine erlaubnispflichtige “Umarbeitung” nach § 69c Nr. 2 UrhG. Nachdem die Sache die deutschen Instanzen hochgewandert war, legt der Bundesgerichtshof dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) vor.

Die Entscheidung

Der EuGH erkannte in dem vorgelegten Sachverhalt letzlich keinen Eingriff in die Rechte an dem Computerprogramm, da sich die Urheberrechte buchstäblich auf den Schutz der “Ausdrucksform” des Computerprogramms erschöpfe, also den Programmcode:

 “Somit ergibt sich entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 37 seiner Schlussanträge aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24, dass der Quellcode und der Objektcode unter den Begriff „Ausdrucksform“ eines Computerprogramms im Sinne dieser Bestimmung fallen, da sie die Vervielfältigung oder spätere Entstehung dieses Programms ermöglichen, während andere Elemente des Programms, wie insbesondere seine Funktionalitäten, nicht durch diese Richtlinie geschützt werden. Die genannte Richtlinie schützt auch nicht die Elemente, mittels deren die Benutzer solche Funktionalitäten nutzen, die jedoch keine solche Vervielfältigung oder spätere Entstehung dieses Programms ermöglichen.

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 38 und 40 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, beschränkt sich der durch die Richtlinie 2009/24 gewährleistete Schutz auf die geistige Schöpfung, wie sie sich im Text des Quellcodes und des Objektcodes widerspiegelt, und damit auf den buchstäblichen Ausdruck des Computerprogramms in diesen Codes, die jeweils eine Folge von Befehlen darstellen, nach denen der Computer die vom Urheber des Programms vorgesehenen Aufgaben ausführen soll.”

(EuGH, Urt. v. 17.10.2024, Rechtssache C‑159/23, Rz. 37f.)

Im vorliegenden Fall wurde aber weder der Objekt- noch der Quellcode, noch die “innere Struktur” der auf der PSP-Konsole von Sony eingesetzten Software verändert oder vervielfältigt; es wurden nur deren Variablen verändert, sodass die Software von Sony auf Basis der veränderten Variablen ablaufe. Dies stellt aber eben keine Verletzung der Urheberrechte an einem Computerprogram dar.

Fazit: Keine Folgen mehr für die PSP – Vorabentscheidung aber wohl für Adblocker relevant

Wie Eingangs schon angedeutet, ist das Thema “PSP” inzwischen nur noch historisch. Die Argumentation, nach welcher die Beeinflussung eines fremdem Computerprogramms eine Urheberrechtsverletzung darstellen soll, ist allerdings hochaktuell.

Der Axel-Springer-Verlag argumentiert nämlich so ganz ähnlich gegen Anbieter von Adblocking-Software, die mittels Browser-Plugins Einfluss darauf nimmt, wie ein Webbrowser eine Website anzeigt (nämlich ohne Werbeanzeigen). Hier soll also in der Beeinflussung der Darstellung der Browseransicht einer Website ein eine unberechtigte unberechtigte Umarbeitung eines Computerprogramms im Sinne des § 69c Nr. 2 UrhG liegen, die zu unterlassen sei.

Das Urteil in dieser Sache soll am 7.11.2024 verkündet werden; Der BGH hat dabei bewusst die EuGH-Entscheidung in Sachen “Action Replay” abgewartet. Wir dürfen also davon ausgehen, dass die Adblocker-Entscheidung in der Frage der Verletzung von § 69c Nr. 2 UrhG ganz ähnlich aussehen wird, wie die des EuGH in Sachen “Action Replay”.

Update (7.11.2024):

Der BGH wird das Verfahren Springer ./. Eyeo, in welchem in diesem Artikel die Rede ist, nicht mehr im Jahr 2024 entscheiden. Vielmehr hat das Gericht laut einem Bericht von Meedia den Parteien erst einmal Gelegenheit bis 9.1.2025 zur Stellungnahme zum EuGH-Urteil in Sachen “Action Replay” gegeben.

Weitere Texte zum Thema Adblocker:

Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert