
Am 11.7.2024 fand vor der für das Urheberrecht zuständigen 10. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg die mündliche Verhandlung zu einem der ersten deutschen Gerichtsverfahren statt, die urheberrechtliche Aspekte generativer KI zum Gegenstand haben. Konkret geht es um das Training des “Bodys” von KI-Modellen mit “frei verfügbaren”, aber urheberrechtlich geschützten Daten (Direkt zum Update – Urteil vom 27.9.24).
Beklagter in diesem Fall ist der LAION e.V., ein gemeinnütziger Verein, der Open-Source-Modelle und Datensätze zum Training für generative künstliche Intelligenz erstellt. Nach der Selbstbeschreibung des LAION e.V. geht es dem Verein dabei darum, KI zu demokratisieren und so zum Vorteil der Gesellschaft einzusetzen.
Kläger im Verfahren vor dem Hamburger Landgericht ist der Fotograf Robert Kneschke, der Fotos aus seinem Portfolio in LAION-Datensätzen entdeckt hat. Sein Ziel ist, sein Bildmaterial (und/oder Datenpunkte zu diesem) aus den Datensätzen von LAION herauszuhalten. Er sieht in der Tätigkeit des LAION e.V. eine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung in Form einer Verfvielfältigung nach § 16 UrhG, für die grundsätzlich eine Lizenz (oder Einwilligung) des Berechtigten notwendig wäre. “Grundsätzlich” bedeutet (auch hier): Soweit nicht Ausnahmen auch eine urheberrechtlich relevante Nutzung ohne Einwilligung/Lizenz gestatten. Ist eine Lizenz erforderlich und liegt diese nicht vor, wäre die Tätigkeit des LAION e.V. (in Bezug auf Fotografien von Kneschke, an denen in jedem Fall entweder Urheberrechte nach § 2 Abs. 1 UrhG oder urheberrechtsähnliche Rechte § 72 UrhG bestehen) rechtswidrig und gemäß § 97 Abs. 1 UrhG zu unterlassen. Auch Lizenzschadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG stünde im Raum.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Jörg Heidrich, dessen Kanzlei den LAION e.V. in dem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg vertritt, berichtete im Anschluss an die mündliche Verhandlung in einem LinkedIn-Posting (LinkedIn-Konto notwendig, Datenschutzbestimmungen von LinkedIn beachten) von den Eindrücken, die er dort gewonnen hat.
Insbesondere spielte danach in der mündlichen Verhandlung § 44b UrhG, der eine Schrankenbestimmung für so genanntes “Text und Data Mining” vorsieht, demnach eine große Rolle.
Nach § 44 Abs. 2 UrhG sind Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglich gemachten Werken für “Text und Data Mining” zulässig. Das Gericht scheint nun in seiner vorläufigen Betrachtung das Trainig generativer KI nun auch als Text und Data Mining anzusehen. Nach § 44b Abs. 3 UrhG wäre dann ein Opt-Out möglich, d.h. Rechteinhaber könnten die Nutzung ihrer urheberrechtlich geschützten Inhalte für KI-Training verhindern (= “sich vorbehalten”), wenn ein entsprechender “Hinweis” hinterlegt würde.
Dieser müsste aber gemäß § 44b Abs. 3 S. 2 UrhG maschinenlesbar sein, man mag hier an das Prinzip des Ausschlusses von Suchmaschinen-Crawlern über dem robots-exclusion-standard denken. Insoweit wurde dann auch diskutiert, welche Form ein solches Opt-Out haben müsste, um die Voraussetzungen der Maschinenlesbarkeit zu erfüllen.
Wie dem Post von Jörg Heidrich zu entnehmen ist, ist für den 27.9.2024 ein Verkündungsermin in der Sache anberaumt. Da es hier aber um weitgehend noch nicht geklärte Rechtsfragen geht, wird das Hamburger Landgericht hier eher nicht das letzte Wort behalten.