Abmahnung wegen Google Fonts – Was nun?

Seit mehreren Wochen bereits kursieren viele “Abmahnungen” wegen eines angeblichen Datenschutzverstoßes in Bezug auf die Einbindung von Google Fonts. Auch uns liegen inzwischen diverse Anfragen hierzu vor, diese betreffen z.B. Schreiben eines Rechtsanwalts Kairis aus Meerbusch. Was hat es nun mit den Schreiben auf sich? Sind sie seriös? Wie kann man reagieren?

Was sind überhaupt Google Fonts und ist die Nutzung ein Datenschutzverstoß?

Bei „Google Fonts“ handelt es sich um ein interaktives Verzeichnis von diversen Schriftarten, die der US-Konzern den Nutzern unentgeltlich zur Verfügung stellt. Diese Schriftarten können von Webseitenbetreibern auf der eigenen Internetseite eingebunden werden.

Diese Einbindung kann auf zwei Arten erfolgen.

  • Einerseits kann der Webseitenbetreiber sich eine Schriftart bei Google herunterladen und diese anschließend auf dem eigenen Webseitenserver wieder hochladen. Dabei ist die Schriftart lokal in die Webseite eingebunden, sodass bei einem Aufrufen der Internetseite die Schriftart aus dem eigenen Speicherplatz lädt.
  • Andererseits kann der Webseitenbetreiber “Google Fonts” dynamisch verwenden. Bei dieser Variante werden die Schriftarten nicht lokal eingebunden, sondern bei jedem Aufruf der Webseite von den Google-Servern abgerufen. Bei dem Verbindungsaufbau zu den Google-Servern wird (zumindest) die IP-Adresse des Webseitenbesuchers an Google weitergegeben.

Datenschutzrechtlich problematisch ist einzig die zweite Art der Einbindung. Die Weitergabe der IP-Adresse des Webseitenbesuchers an Google stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, sofern sich der Webseitenbetreiber vor der Weiterleitung nicht die erforderliche Einwilligung zur Weitergabe der IP-Adresse eingeholt hat. So hat es das LG München kürzlich entschieden und so letztlich den Boden für die “Abmahn”-Welle bereitet (LG München I, Urteil vom 20.01.2022 – Az. 3 O 17493/20).

Klarstellen muss man an dieser Stelle allerdings: Die uns vorliegenden Schreiben stellen strenggenommen gar keine Abmahnungen dar, sondern bloße Aufforderungsschreiben. Es geht dabei nämlich nicht um Unterlassung (wie bei einer richtigen “Abmahnung”), sondern um Geld. So gesehen sind es eben gar keine Abmahnungen, sondern allenfalls, naja: Mahnungen.

Soll man die Forderungen bezahlen?

Auch wenn Sie Google Fonts nicht lokal auf Ihrer Webseite abgespeichert haben, spricht jedenfalls in den uns vorliegenden Fällen einiges dafür, die aufgemachten Forderungen nicht zu zahlen.

Zunächst ist das Urteil, auf welches in den Abmahnungen Bezug genommen wird, noch nicht rechtskräftig. Es wird noch darüber gestritten, ob die Übermittlung der IP-Adresse einen so intensiven Eingriff in den Datenschutz darstellt, dass ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist.

Auch ist die Rechtsmissbräuchlichkeit der Schreiben quasi “mit Händen zu greifen”.

Die Vielzahl der gleichlautenden Schreiben deuten bereits darauf hin, dass es weniger um eine ernsthafte Verfolgung eigener Rechte, sondern viel eher um wirtschaftliche Interessen des “Geschädigten” geht. Für eine Rechtsmissbräuchlichkeit spricht aus unserer Sicht auch die fehlende Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Wer nicht möchte, dass dieser Datenschutzverstoß erneut begangen wird, der möchte den Abgemahnten gewöhnlich auch in Zukunft dazu zwingen, dieses Verhalten zu unterlassen.

Bei den uns vorliegenden Schreiben gibt man sich jedoch mit bloßer Zahlung zufrieden.

Aus anwaltlicher Sicht mehr als nur etwas cringe ist in diesem Zusammenhang auch, dass in den Schreiben teilweise Umsatzsteuer auf Schadensersatzbeträge und Anwaltsgebühren ganz grundsätzlich falsch berechnet werden (so ist die angesetzte Postpauschale viel zu hoch).

Zudem: Wer sucht bitteschön in großem Stil nach Webseiten, die ihn in seinen Rechten verletzen, nur um anschließend Schadensersatz zu fordern? Hier ist letztlich ein vorsätzliches Mitverschulden offensichtlich, das den Schadensersatzanspruch durchaus auf Null drücken kann. Hier und da ist im Internet auch von weiteren Ungereimtheiten zu lesen: So wird in manchen Fällen aus männlichen “Betroffenen” im Laufe der “Abmahn”-Kampagne plötzlich eine Frau, die zudem “in einem Briefkasten” wohnt – es ist also zweifelhaft, ob Rechtssubjekte, deren Rechte geltend gemacht werden, überhaupt existieren.

Fazit

Um es abschließend aber noch einmal klar zu sagen:

Die Einbindung von Inhalten Dritter, gerade wenn diese ihren Sitz in den USA haben, wie das bei Google oder dem Meta-Konzern der Fall ist, ist unter diversen Aspekten datenschutzrechtlich bedenklich und geschieht oft rechtswidrig, weil die erforderliche Einwilligung fehlt. Dies sollten Webseitenbetreiber nicht ignorieren, sondern technisch lösen. Ansonsten kann dies schnell zu Problemen z.B. mit den Datenschutzbehörden führen. Die uns vorliegenden Abmahnungen allerdings fallen eher unter den Begriff der Abzocke und können ein Anlass sein, die eigene Website noch einmal zu überprüfen. In den uns vorgelegten Fällen haben wir eine Zahlung jedoch nicht empfohlen.

Hinweis:

Der vorstehende Text gibt, wie immer auf diesem Blog, allgemeine Informationen zu einem Rechtsthema und ersetzt nicht die Beratung im Einzelfall. Wenn Sie eine Abmahnung, wie sie oben beschrieben wird, erhalten haben, müssen Sie also auf eigenes Risiko entscheiden, wie Sie hiermit umgehen. Bevor Sie unsere Kanzlei hierzu kontaktieren, beachten Sie jedoch bitte, dass die Kosten einer Beratung oder gar Vertretung hier in aller Regel wesentlich höher sind, als die mit der Abmahnung geltend gemachten Beträge.

Malte Gendries (LL.B.)

Malte Gendries ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei DIRKS.LEGAL.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert