Google muss Links zu Falschinformationen löschen – auch ohne Gerichtsurteil

Es ist nicht selten, dass man beim Googeln seines Namens auf inhaltlich unrichtige Beiträge stößt. Wer diese Beiträge über sich in der Google-Suche entfernt haben möchte, muss sich dafür aber nicht zuerst an denjenigen wenden, der diese Informationen ins Netz gestellt hat, sondern kann direkt Google in die Pflicht nehmen. Wenn der Betroffene nachweisen kann, dass diese Informationen unrichtig sind, dann muss Google löschen. Dies entschied der EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren.

Hintergrund der Entscheidung

Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Fall vor dem Bundesgerichtshof, bei dem sich ein Paar aus der Finanzdienstleistungsbranche von einer Internetseite aus den USA verunglimpft sah. Das Unternehmen hinter dieser Internetseite steht wiederum im Verdacht, absichtlich falsche Beiträge zu veröffentlichen, um die Betroffenen anschließend mit dem Inhalt zu erpressen. Dies wollte sich das Paar nicht gefallen lassen und forderte Google auf, die Links zu den Beiträgen, die diese unrichtigen Informationen enthalten, zu löschen. Google verweigerte die Auslistung aus der Google-Suche, da sie nicht beurteilen können, ob der Einwand der Betroffenen berechtigt sei. Zudem argumentierte Google, dass sie erst nach einer gerichtlichen Entscheidung mit Sicherheit wissen könne, ob es sich um Falschinformationen handelt. Mit dieser Argumentation bekam Google in zwei Instanzen Recht. Der BGH hatte Zweifel an der Auslegung der DSGVO und rief schließlich den EuGH an und fragte in einem Vorabentscheidungsverfahren, ob die DSGVO, insbesondere in Art. 17 Abs. 3 lit. a, einen solchen Anspruch vorsieht.

EuGH: Recht auf Löschung offensichtlich unrichtiger Inhalte

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 08.12.2022 (EuGH. v. 08.12.2022 C-460/20) zunächst festgestellt, dass das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gegen andere Grundrechte, insbesondere mit dem Recht auf freie Information und Meinungsäußerung, abgewogen werden muss. So sehe die Datenschutz-Grundverordnung in Art. 17 Abs. 3 lit. a ausdrücklich vor, dass kein Recht auf Löschung der Daten besteht, wenn dadurch das Recht auf freie Information und Meinungsäußerung zu sehr eingeschränkt werden würde. Das Recht auf freie Information und Meinungsäußerung könne jedoch bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden, wenn die Informationen unrichtig seien.

Folglich muss Google die Links zu Beiträgen, die offensichtlich unrichtige Informationen enthalten, löschen, wenn die Betroffenen dies nachweisen können. Dafür muss Google laut EuGH auch keine gerichtliche Entscheidung abwarten. Es reicht aus, wenn die Betroffenen schlüssig nachweisen können, dass die Inhalte falsch sind. Um den Betroffenen die Beweiserbringung zu erleichtern, müssen die Betroffenen nur die Beweise erbringen, die vernünftigerweise verlangt werden können. Google muss die dargelegten Nachweise anschließend sorgfältig prüfen, jedoch bei der Suche nach Beweisen nicht aktiv mitwirken.

Nun ist der BGH am Zug und muss über den Fall entscheiden und dabei die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigen. Sollte das Paar Google schlüssig nachgewiesen haben, dass die veröffentlichten Beiträge unrichtig sind, wird der BGH Google verpflichten, die Links zu den Beiträgen zu entfernen.

Fazit

Diese weitere Entscheidung des EuGH zum “Recht auf Vergessenwerden” (siehe auch diesen Beitrag) sollte sowohl die Betroffenen der Falschinformationen als auch Google zufriedenstellen. Der EuGH entlastet nämlich sowohl Google, da sie nicht aktiv an der Aufklärung von Falschinformationen mitwirken müssen, als auch die Betroffenen, die nun nur gegenüber Google beweisen müssen, dass die Informationen falsch sind. Dies führt dazu, dass Falschinformationen nun effektiver beseitigt werden können. Insgesamt schafft der EuGH durch das Urteil eine gute Balance zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf freie Information und Meinungsäußerung. Es verbleibt jedoch das Risiko, dass Google, um eine Haftung zu vermeiden, ab nun mehr löscht als eigentlich erforderlich ist. Es ist zum Wohle der Informationsfreiheit zu wünschen, dass Google jeden Hinweis sorgfältig prüft.

Über Malte Gendries (LL.B.)

Malte Gendries ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei DIRKS.LEGAL.

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