Freitag, kurz nach zwei – allzuviel trennt auch den fleißigsten Rechtsanwalt nicht mehr von einem hoffentlich sonnenscheinreichen Frühlingswochenende. Zeit also für die letzte gute Tat der Woche, diesmal geht es um YouTube, den Bundesgerichtshof (BGH) und darum, dass irgendwie irgendwas verboten werden soll oder verboten worden ist.
An einer Stelle möchte ich’s nicht zu spannend machen: Die Antwort auf die Frage in der Überschrift lautet „Nein“.
Aber wie öfter mal, wenn es um die Interpretation von Rechtssachverhalten und hier insbesondere solchen geht, die irgendwie mit dem Urheberrecht zu tun haben, ist die Verunsicherung groß – Halbwahrheiten, auch auf großen Nachrichtenseiten, machen die Sache nicht klarer. Es folgt ein Versuch, den Nebel zu lichten.
Was hat der BGH denn bloß entschieden?
Nichts. Gegenstand der Verwirrung, die sich momentan breitmacht, ist eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof, die am 18. April 2013 (mit anderen Worten von heute aus gesehen „gestern“) stattgefunden hat.
Eine Entscheidung ist aber erst für den 16. Mai 2013 terminiert. Der Mai ist ein hervorragender Monat für solch eine Entscheidung. Denn sowohl der 12. Mai 1998 als auch der 12. Mai 2010 haben auf ihre jeweils spezielle Art und Weise Rechtsgeschichte geschrieben (Keine Angst, Sie müssen den vorherigen Satz nicht verstehen – Juristenhumor).
Zu diesem Ablauf muss man wissen, dass im Zivilprozess in aller Regel ein Urteil nicht direkt im Anschluss an die mündliche Verhandlung ergeht. Es wird meist ein so genannter “Verkündungstermin” anberaumt, in welchem dann eine Entscheidung, wie es der Begriff schon nahelegt: „verkündet“ wird.
Im vorliegenden Fall wird diese Entscheidung aber eventuell gar kein Urteil sein, sondern ein „Vorlagebeschluss“. Der BGH wird also möglicherweise eine Rechtsfrage, die europarechtlich noch nicht geklärt ist dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen. Und erst danach sein Urteil fällen.
Worum geht es in diesem „Framing“-Verfahren nun eigentlich?
Es geht in dem Verfahren kurz gesagt um die urheberrechtliche Relevanz von “Framing“. Etwas konkreter gesagt geht es darum, ob es eine eigenständige Rechtsverletzung darstellt, ein bereits rechtswidrig bei YouTube eingestelltes Video in einem eigenen Frame darzustellen, also zu “embedden”.
Denn das wäre dann der Fall, wenn bereits das Framing – also das Darstellen fremder Inhalte im Rahmen der eigenen Homepage – eine eigenständige Nutzungshandlung darstellen würde.
Denn dann wäre auch derjenige, der ein rechtswidrig auf Youtube eingestelltes Video auf seiner Seite einbindet, selbst ein Rechtsverletzer. Der Sachverhalt lässt sich in aller Kürze in den Terminshinweisen des BGH nachlesen.
Grundlegend zur Thematik Verlinkens im Wege von sog. “Deep Links” hatte der BGH bereits in der so genannten „Paperboy“-Entscheidung geurteilt, dass dies in der Regel keine eigenständige Zugänglichmachung – und damit auch keine Urheberrechtsverletzung – darstellt.
Allerdings mag man das nun bei der „intensiveren“ “Verlinkungs”-variante des Embeddings, wie es bei Youtube möglich ist, anders sehen – deshalb erwägt der BGH, die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Worum geht es in dem Verfahren nicht?
Es geht dabei aber nicht um die Frage, ob das Einbetten von YouTube-Videos in die eigene Homepage grundsätzlich rechtswidrig ist.
Denn das ist nicht der Fall:
YouTube bietet so eine Funktion den Nutzern der Plattform ausdrücklich an. Dementsprechend ist es auch gemäß der Nutzungsbedingungen von YouTube vollkommen zulässig, Die Embedding-Funktion in der Art zu nutzen, dass YouTube-Videos in einem „Iframe“ in der eigenen Homepage eingebettet werden. Immer vorausgesetzt, man ist selbst Urheber oder Inhaber der entsprechenden Rechte der Videos, die man hochlädt.
In Ziff. 10 der Youtube-Nutzungsbedingungen, die jeder Nutzer, der Videos auf die Plattform hochlädt, bei der Anmeldung akzeptiert, heißt es:
10.1 Indem Sie Nutzerübermittlungen bei YouTube hochladen oder posten, räumen Sie
(..)
jedem Nutzer der Webseite eine weltweite, nicht-exklusive und gebührenfreie Lizenz ein bezüglich des Zugangs zu Ihren Nutzerübermittlungen über die Webseite sowie bezüglich der Nutzung, der Reproduktion, dem Vertrieb, der Herstellung derivativer Werke, der Ausstellung und der Aufführung solcher Nutzerübermittlung in dem durch die Funktionalität der Webseite und nach diesen Bestimmungen erlaubten Umfang
Nur wenn, wie in unserem Fall, der eigentliche Upload des Videos selbst bereits rechtswidrig war, und deshalb weder YouTube noch dem Youtube-Nutzer die entsprechenden Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung eingeräumt werden konnten, entsteht das Problem, mit dem sich der BGH nun befassen muss.
Und insoweit besteht nun natürlich auch ein Risiko für denjenigen, der Inhalte z.B. auf seinem Blog einbettet:
Denn immer dann, wenn er nicht sicher sein kann, ob das Hochladen ursprünglich rechtmäßig war, besteht die theoretische Gefahr der Inanspruchnahme aus dem Urheberrecht – Ähnlich übrigens, wie dies bei einem zwar urheberrechtlich unbedenklichen aber sonst rechtswidrigen Video der Fall ist.
So. Nun ist aber wirklich bald Wochenende. Sowohl für mich, als auch für Thomas Schwenke, der sich freundlicherweise für ein kurzes kollegiales Rechtsgespräch bezüglich dieses Artikels bereitgefunden hat. Danke auch dafür!
Update, 23.10.14:
Der EuGH hat nunmehr entschieden, dass das Framing keine eigenständige Nutzungsart darstellt.