Mit Peilsendern gegen Smartphones: Schule rüstet auf

Eine Diskussion um Handy-Nutzung in der Schule, die auf dem Kieler Barcamp 2012 geführt wurde, erfährt dieser Tage unerwartete Aktualität: Ein Gymnasium in Preetz geht offensichtlich seit längerer Zeit mit Peilsendern vor, die Alarm schlagen, wenn sie die von einem Mobiltelefon ausgehende elektromagnetische Strahlung feststellen. Ziel: Betrugsversuche bei Klassenarbeiten zu verhindern. Michel Schröder, unter anderem Schülervertreter und Blogger, hat zu diesem Thema einen zurecht kritischen Beitrag im Landesblog verfasst. Dazu sind mir aus der Hüfte nun noch zwei, drei Sachen eingefallen, die ich bedenkenswert finde. Wie immer, irgendwie auch rechtlich.

Zunächst mal scheint das ansonsten ja nicht immer so vorsichtige ULD in persona Dr. Weichert datenschutzrechtlich keine Bedenken zu haben. Das würde ich genau so sehen. Denn wenn der “Peil”-Sender tatsächlich nicht im engeren Sinn “peilt” sondern nur “piept”, werden keinerlei personenbezogenen oder personenbeziehbare Daten erhoben, verarbeitet, genutzt usw.

Allerdings ist – wie ich ja öfter mal vertrete – das Datenschutzgrundrecht nun nicht das einzige, das beachtet werden muss. Zum Beispiel die allgemeine Handlungsfreiheit sind ohnehin fast immer betroffen, wenn der Staat handelt. Dasselbe dürfte hier allerdings auch für das allgemeine Persönlichkeitsrecht  – also gewissermaßen: Das “Dach”-Grundrecht auch des Datenschutzgrundrechts – aus Art. 2 Abs. 1 mit 1 Abs. 1 GG gelten. Auch dürften Kommunikationsgrundrechte betroffen sein.

Allerdings bedeutet die Betroffenheit eines Grundrechts ja noch nicht stets seine Verletzung: Der Staat, sei es in Form der Exikutivgewalt, die er durch die Behörde namens “Schule” ausübt, sei es in Form von gesetzlichen Ge- und Verboten, greift ständig in die die subjektiven Rechte seiner Bürger ein, was in rechtsstaatlichen Grenzen auch vollkommen in Ordnung ist.

Man denke vielleicht, um im System “Schule” zu bleiben, schon an die gesetzlich verankerte Schulpflicht, die die Grundrechte von Eltern und Schülern massiv einschränkt, und die trotzem ohne weiteres verfassungsgemäß ist.

In wieweit aber auch aus der Hausordnung einer Schule Eingriffsbefugnisse abgeleitet werden könenn, wäre eine erste Rechtsfrage, die man im vorliegenden Fall aufwerfen könnte.

Denn damit ein Grundrechtseingriff durch sie legitimiert werden kann, müsste eine solche Hausordnung ihrerseits eine Grundlage z.B. im Landesschulgesetz haben. Ich denke, in § 17 Abs. 4 Landesschulgesetz (“Weisungen und Beaufsichtigung”) findet man diese aber.

Allerdings ist natürlich auf einer weiteren Stufe und bezüglich jeder einzelnen Regelung in einer solchen Haus- oder Schulordnung zu fragen, ob a.) die Regelung selbst und b.) Die zur Durchsetzung dieser Regelung ergriffenen Maßnahmen sich am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen können.

Das wäre nur dann der Fall, wenn die Regelung und die Maßnahme ein legitimes Ziel verfolgt und zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen ist. Unter dem Begriff der Angemessenheit als “Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn” verbirgt sich dabei die eigentliche Abwägung der betroffenen Grundrechte, also des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Kommunikationsfreiheiten auf Seiten der “gepeilten” und dem Interesse der Schule nach aussagekräftigen Leistungsnachweisen auf der anderen Seite.

Nun ist das “legitime Ziel” sicherlich ohne weiteres gegeben. Ich selbst habe allerdings – auch in der oben erwähnten Diskussion – immer ein ganz anderes Argument als Notengerechtigkeit im Vordergrund gesehen:

Aus meiner Sicht stellen Smartphones in den Händen pubertierender Jugendlicher auf dem Schulhof eine nicht nur theoretische Gefahr für ihre MitschülerInnen dar, die zB latent fürchten müssen, gefilmt und im Internet bloßgestellt zu werden.

Auch in Hinblick auf diesen Aspekt finde ich allerdings das Argument Michel Schröders im Landesblog interessant, der zu Recht darauf hinweist, dass Telefone im Flugmodus gar nicht geortet werden und die Ortung damit ohne weieres umgangen werden kann.

Die Datenspeicher moderner Smartphones sind aber so groß, dass eine Verbindung zum Internet zum “Schummeln” gar nicht notwendig ist. Dasselbe gilt natürlich für die eingebauten Kameras, die ebensowenig durch “Peilsender” entdeckt werden können (Was aber, wie gesagt, für den vorliegenden Fall allenfalls am Rande interessant ist).

Diesen Punkt würde ich in unserer “Verhältnismäßigkeit” schon auf der Stufe der “Geeignegtheit” verorten. Es begegnet aus meiner Sicht keinen durchgreifenden Bedenken, ein Handyverbot in einer Schulhausordnung zu statuieren; es gibt dafür gute Gründe, die über ein Schummelverbot hinausgehen.

Dies mit der erwähnten technischen Lösung durchsetzen zu wollen, ist mE. aber schon deshalb unverhältnismäßig, weil dadurch das Ziel der Regelung gar nicht wirksam erreicht werden kann.

Über Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

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