Rechtsstaat bringt sowieso nichts

Kürzlich wurde ich auf diesen Artikel von Sabine Rückert auf ZEIT ONLINE aufmerksam gemacht. Er geht der Frage nach, wie realitätsnah oder -fern es in deutschen Krimiserien, speziell: den Folgen der “Tatort”-Reihe zugeht. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß ernüchternd. Der Text ist trotzdem lesenswert, auch wenn ich nun der Möglichkeit beraubt bin, selbst einen entsprechenden Blogeintrag zu posten, was ich eigentlich vorgehabt hatte (Danke, Steffen!). So bleiben für mich nur ein paar Ergänzungen übrig.

Wie nicht anders zu erwarten, ergibt Rückerts Analyse in den meisten der von ihr gesichteten “Tatort”-Fällen, dass “Tatort-Beamte oft nicht viel besser sind als die, die sie jagen“. – Ausnahmen bestätigen die Regel.

Dabei greift die Autorin detailliert verschiedene Spielszenen auf, vergleicht sie mit der Rechtslage, die echte Beamte zu beachten hätten und kommt hier zu teils geradezu erschütternden Ergebnissen.

In einem Punkt allerdings sind (sicherlich nicht nur) “Tatort”-Krimis wohl sehr nah an der Realität:

Nämlich wenn es darum geht, die Einstellung des Publikums zur Frage widerzuspiegeln, welchen Stellenwert rechtsstaatliche Verfahrensweisen gegenüber Beschuldigten haben, und insbesondere auch in wieweit grundlegende rechtsstaatliche Errungenschaften wie die “Unschuldsvermutung” (manche werden von ihr gehört haben) Geltung beanspruchen sollen: Nämlich “Keinen” bzw. “Nicht“.

Man kann die Sache also auch so drehen:

So beklagenswert die “Ungenauigkeiten” in Sendungen wie dem Tatort aus rechtsstaatlicher Sicht in der Regel sind, so nahe sind sie leider auch am Rechtsverständnis des Publikums (denn ansonsten würde eine am Publikumsinteresse ausgerichtete Programmplanung derartig unsinnige und vielleicht sogar “gefährliche” Drehbücher ja gar nicht hervorbringen).

Das Problem sind also weniger die fiktiven Tatort-Geschichten sondern die sich darin widerspiegelnde, tatsächliche mangelnde Akzeptanz rechtsstaatlicher Verfahrensgarantien.

Ich selbst habe in einem “Kieler”- Tatort (den ich nur deswegen relativ regelmäßig ansehe, weil es in meiner an medialer Aufmerksamkeit nicht eben reichen Wahlheimat zum guten Ton gehört, am jeweiligen Montagmorgen “Borowski” rezitieren zu können), auch schon die Dialogzeile

“Natürlich können Sie einen Anwalt haben, aber das bringt sowieso nichts.”

gehört.

Sowas sollte eigentlich nicht nur Anwälte aufregen.

Über Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

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