Dr. Xerox kommt nochmal davon

Überraschend geht natürlich anders: Erwartungsgemäß hat die – ansonsten bundesweit nicht für übertriebene Nachsichtigkeit bekannte – bayerische Justiz den ehemaligen Doktor der Rechte Karl-Theodor zu Guttenberg vor einer Anklage verschont und das Strafverfahren wegen unerlaubter Verwertung urheberechtlich geschützter Werke (§ 106 Abs. 1 UrhG) gegen ihn aus Opportunitätsgründen nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße vorläufig eigestellt. Ebenso wenig überraschend ist die Ahnungslosigkeit, mit der die Medien das Thema behandeln. Also, hier nochmal zum mitschreiben, was das bedeutet.

1. Es gibt kein Urteil.
Auch wenn die TV-“Nachrichten” gerade was anderes erzählt haben: Es hat kein Urteil gegeben. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft vorläufig eingestellt, nicht von einem Richter. Der Zettel, auf dem das steht, heißt deswegen auch nicht “Urteil”, sondern “Einstellungsbescheid“, liebes RTL.

2. “Vorläufig”?
Ja. Die endgültige Einstellung erfolgt erst, wenn die Auflage (Hier: Zahlung einer Geldbuße von 20.000 Euro) erfüllt ist. Wenn das nicht geschieht, kann das Verfahren wieder aufgenommen werden.

3. Und jetzt? Unschuld? Weiße Weste für Dr. Xerox?
Nein. Es handelt sich ja nicht um einen Freispruch (Siehe oben: Kein Urteil). Aber das Verfahren ist auch nicht nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt worden, das wäre der Fall gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft kein strafbares Verhalten gesehen hätte. Der Grund: Die Staatsanwaltschaft hält “KTG” durchaus für schuldig. Allerdings ist der Schaden gering und auch die Schwere der Schuld steht einer Einstellung nicht engegen (Siehe § 153a StPO). Das heißt aber nichts anderes als: Dodoch, da war was. Aber es war nicht so schlimm. Also: Eine weiße Weste geht anders.

Einen Interessanten Text auch zur Einstellunspraxis in derartigen Fällen gibt es bei Prof. Müller im Beck-Blog. Das Programm von RTL schaue ich im Übrigen allein aus akademischem Interesse.

Update: Wenn es stimmt, was ich gerade höre –  dass Guttenberg nämlich die Geldbuße bereits geleistet hat, dann ist die Einstellung natürlich nicht nur vorläufig, sondern endgültig.


Über Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

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