Es hätte alles so schön werden können, beim ersten “Media Coffee” des Jahres am 20.4. in Hamburg. Ein lauer Frühlingsabend auf dem wunderschönen Campus-Gelände der Bucerius-Law-School, Schnittchen, Weißwein, alles was dazu gehört. Und dann noch eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde auf dem Podium, bestehend aus Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, Stern-Chefredakteur Thomas Osterkorn, Spiegel-Online-Geschäftsführerin Katharina Borchert und Moderator Thomas Knüwer, seines Zeichens scharfzüngiger Blogger bei Indiskretion Ehrensache. Aber irgendwie ging das schief.
Aber wer rettete den Abend? Wer äußerte (fast) als einziger auch mal einen vorwärtsgewandten Gedanken zum Thema “Welche neue Medienwelt entdecken Verlage, Web und Social Media” ? Richtig, der unvermeidliche, man muss sagen: fabelhafte Sascha Lobo, ohne den sich vermutlich das Auditorium nach 60 Minuten bereits geleert hätte.
Zuvor hatte Knüwer, mit seiner Moderatorenfunktion leider heillos überfordert, seine Gäste reihum mit einem themenfremden, aber umso “kritischer” gemeinten Frage-Antwort-Spiel gegen sich aufgebracht.
Ein sichtlich und hörbar genervter di Lorenzo ließ das aber nicht mit sich machen und hatte das Publikum auf seiner Seite, als er Moderator Knüwer aufforderte, endlich mal das Thema des Abends anzusteuern (Zwischenrufe: „Aufhören!“, „Das will doch keiner hören!“ ). Das war, wie auf der Twitterwall zu lesen war, so eine Art Mediacoffee 2.0. Die User setzten zur Revolution an.
Da waren aber bereits knapp 45 der auf 90 Minuten angesetzten Runde vorbei. Beherzt griff nun Lobo ungefragt ein, entzog Knüwer das Wort (“Ohne dir jetzt zu nahe treten zu wollen … Du bist der Moderator, aber wir sind die Gäste“) und schob dann tatsächlich so etwas wie eine Diskussion an.
Die stocherte leider inhaltlich größtenteils im Nebel, besonders Stern-Mann Osterkorn schien sich irgendwie total verirrt zu haben und verstieg sich schließlich zu der Behauptung, in zwei Jahren würden allerorten hochprofitable Lokalnachrichtenportale wie Pilze aus dem Boden sprießen (“Schreiben Sie sich das auf!”).
Wer – wie Frau Borchert, und mit aller Bescheidenheit, ich selbst – weiß, wie schwer es ist, einem Bäcker oder Friseur einen Werbeplatz zu verkaufen, weiß auch, dass diese Prognose ziemlicher Quatsch ist.
Genauso übrigens wie Osterkorns Vergleich des gewünschten Leistungsschutzrechts mit der Rundfunkgebühr (aka “Haushaltsabgabe”). Erneut Lobo war es, der dem entgegen trat, und Lobo war es auch, der für mich den einzig innovativen Gedanken des Abends äußerte, nämlich den, dass es ein neues Konzept brauche, um mit Echtzeitjournalismus umzugehen und das diesem Konzept möglicherweise ein Teil der Zukunft gehörte.
Tja, nun – Fazit zum Media Coffee. Informativ? Nein. Unterhaltsam? Irgendwie schon.