Zugegeben, manche Leute machen es den Finanzbehörden nicht leicht: Aus einer diffusen Angst heraus wird Behördenpost oft entweder gar nicht geöffnet (“Wenn ichs nicht sehe, sieht’s mich auch nicht!”) oder aber geöffnet und dann fein säuberlich in einem Schuhkarton gelegt und unter das Bett gestellt (“Befasse ich mich morgen mit!“). Irgendwann rächt sich sowas natürlich.
Erst recht, wenn die entsprechende Post vom Finanzamt ist.Auch Mandant U. ist so jemand, im kanzleiinternen Sprachgebrauch nennen wir das “Schuhkartonmandant”: Meist wird der Aufbewahrungskarton ja bei der Erstberatung gleich auf den Tisch gestellt, so auch hier.
In unserem Fall hatte sich unter die Finanzamtskorrespondenz vieler Jahre aber noch was anderes gemischt: Da auch bereits Sach- und Kontenpfändungen erfolglos geblieben waren, hatte das Finanzamt in P. wegen seiner Forderung von knapp € 2.000,00 zwischenzeitlich einen Insolvenzantrag gestellt. Es fand sich also ein Auskunftsbogen des Amtsgerichts P. in den Unterlagen. Frist, wie immer, fast abgelaufen. Gewerbeuntersagung drohte, da kaum Vermögen vorhanden.
Gerade wollte ich mit dem Raufen der nicht vorhandenen Haare anfangen, als ich etwas grünliches am Boden des Schuhkartons schimmern sah. Sollte das..?
Tatsächlich: Ein Verrechnungsscheck über eine Steuerrückzahlung! Und da noch einer! und schließlich ein Dritter, Vierter. Nach nicht einmal 15 Minuten schienen sämtliche finanziellen Probleme des Mandanten gelöst: Den Forderungen des Finanzamts standen Erstattungsschecks von über € 3.000,00 gegenüber! Die Schecks waren uneingelöst geblieben, weil U. annahm, dass das FA die entsprechenden Beträge von sich aus bereits verrechnet hätte, was aber nicht der Fall war.
Also flux das Finanzamt angerufen und unter Hinweis auf die aufgefundenen Rückzahlungen um Verrechnung und Rücknahme des Insolvenzantrags gebeten. Die Überschrift nimmt es vorweg: So einfach ist das (natürlich) nicht. Denn, wenn der Scheck ausgestellt wird, gilt beim Finanzamt ein Guthaben als ausgezahlt. Mit anderen Worten:
Das Finanzamt kann zwar in Sachen, Konten und sogar eine Blumenvase voller Kleingeld vollstrecken, die sich im Schlafzimmer des Mandanten befand – Aber nicht in die eigene linke Hosentasche; und es wird auch dann einen Insolvenzantrag stellen (und weiterverfolgen), wenn ein Hosentaschen-Guthaben die Forderungen um ein Vielfaches übersteigt.
So laut habe ich den Amtsschimmel lange nicht mehr wiehern gehört.