Aufregung um Podcast-App #Podimo

Podimo ist ein dänisches Unternehmen, das sich nach eigenem Bekunden zum Ziel gesetzt hat, “die Podcastrevolution in Deutschland voranzutreiben”. Das soll mit der Podimo-App geschehen, mit der Nutzer eigens für Podimo produzierte, für Podimo lizenzierte, aber auch ansonsten frei im Web verfügbare Podcasts abonnieren können. Besonders letzteres sorgt unter Podcastern für für Unmut.

In der Vorbereitung des Launches des deutschen Abo-Angebots am 12.11.2019 war Podimo offenbar bereits an diverse Podcasts herangetreten, um diese dazu zu bewegen, ihren Podcast mindestens bei Podimo zu listen, wenn nicht sogar exklusive Inhalte bereit zu stellen. Zu verdienen gab es – theoretisch – auch was, nämlich, je nach Exklusivität bis zu 50% der mit den Podcasts erzielten Einnahmen. Wie groß die zu Beginn bei einem Abo-Modell sind – schwer zu sagen.

Die App selbst erinnert mich stark an Spotify. Der Download von Podcasts scheint nicht möglich zu sein, Podimo ist also ein reiner “Streaming”-Dienst.

Nun hat Podimo allerdings offenbar nicht für jeden gelisteten Podcast eine Erlaubnis eingeholt. Es können also auch Podcasts über Podimo abonniert werden, deren Urheber davon gar nichts wissen. Dazu hat Podimo offenbar die öffentlich verfügbaren RSS-Feeds vieler Podcasts ausgelesen und zumindest die URLs in das eigene Angebot integriert, wenn nicht widersprochen wurde.

Dies hat bei Twitter zu einer gewissen Welle unter dem Hashtag “‘#Podimo” geführt, denn nicht jeder ist mit diesem Vorgehen einverstanden. Das Spektrum der Meinungen reicht hier, soweit ich das überblicke, von “Stellt Euch nicht so an” bis “Ich rufe jetzt meinen Anwalt an”.

Tja, der Anwalt. Was sagt der dazu?

Der überlegt sich vielleicht etwa das Folgende:

Ein Podcast ist in aller Regel ein Werk nach § 2 Abs. 1 UrhG und deshalb urheberrechtlich geschützt. Für einen RSS-Feed gilt das aber noch nicht ohne Weiteres. Es kommt auf den Inhalt an. Podimo zeigt in der App Beschreibungstexte/ Teaser zu den Podcasts an. Inwieweit die in irgendeiner Art redaktionell erstellt werden oder auch aus RSS-Feeds stammen, kann ich nicht erkennen. Im Zweifel dürften an ihnen aber Urheberrechte bestehen. Dasselbe gilt natürlich für die Titelbilder, die zu den einzelnen Podcasts angezeigt werden.

Unterschieden wird bei der Anzeige der Podcasts in der App in “normale” und “exklusive” Podcasts; Ansonsten finden sich keine Quellenhinweise. Man könnte ja an so etwas denken wie “im Web gefunden” oder ähnlich.

Wir können in der App nun einfach eine “Play”-Taste drücken und los geht’s. Das könnte eine öffentliche Wiedergabe bzw. Zugänglichmachung sein (§ 19a UrhG). Die wäre dann erlaubnispflichtig.

Moment mal!“, ruft es da von schräg hinten: “Aber das ist doch ohnehin alles online frei verfügbar! Wie kann es verboten sein, den RSS-Feed einzubinden! Eigentlich ist das doch wie Google für Podcasts.

Stimmt schon, aber nur auf den aller, allerersten Blick. Auf den zweiten eigentlich nicht. Denn wir haben ja in der Podimo-App nicht einfach nur einen Katalog vor uns, sondern ein geschlossenes System, eine Art Walled Garden mit u.a. eigenen Inhalten und kein Verzeichnis. Die gelisteten Podcasts sind nicht nur “verlinkt”, sondern über die App abrufbar und auch anders als im Web nur als Stream (Siehe edit); sie sind außerdem in ein völlig eigenständiges System integriert, das zahlenden Abokunden vorbehalten ist (Edit: Es gibt auch kostenlose Accounts, siehe unten, 2.).

Dabei wäre es natürlich spannend zu erfahren, was mit den Inhalten auf dem Weg vom Webserver der Anbieter bis zum Kopfhörer des Users so passiert: Werden die Inhalte sogar noch auf irgendeine Art zwischengespeichert? Erkennbar ist die ursprüngliche Quelle im Web jedenfalls nicht mehr. Es ist für den App-Nutzer also nicht möglich, direkt auf diese zuzugreifen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH in Fällen der erneuten öffentlichen Zugänglichmachung “anderswo” schon frei verfügbarer Werke kommt es für die Einstufung als “eigenständige” öffentliche Zugänglichmachung darauf an, ob

…die Wiedergabe des geschützten Werks unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder ansonsten für ein “neues Publikum” erfolgt, das heißt für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe seines Werks erlaubte.

EuGH, Urteil vom 07.08.2018, Az. C-161/17Cordoba

Danach, was ich bisher von der App gesehen habe, würde die diese Voraussetzung bejahen, heißt: ich meine, hier liegt eine eigenständige – erlaubnispflichtige – öffentliche Zugänglichmachung in Bezug auf die in “Podimo” gelisteten Podcasts vor.

Das heißt: Die Urheber müssen gefragt werden und sie müssten zustimmen, sonst die Sache rechtswidrig. Auch ein fehlender “Widerspruch” genügt nicht, um daran etwas zu ändern.

Edit:
1. Ich werde gerade darauf aufmerksam gemacht, dass ein Herunterladen von Podcasts in der App möglich ist. Das hatte ich tatsächlich heutemorgen nicht gesehen, es ändert aber an meiner rechtlichen Bewertung nichts (die allerdings auch nicht mehr ist als das: Meine rechtliche Bewertung).

2. Was das Abo-Modell (und damit einhergehend auch auch die Frage, ob der Begriff “Walled Garden” hier eigentlich zutrifft), bin ich von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam gemacht worden, dass es sehr wohl auch kostenlose Accounts gebe. Das stimmt, wie ich zwischenzeitlich festgestellt habe, wohl – aber ich bin nicht der einzige, an dem das vorbeigegangen ist, auch weil bei der Registrierung diese Möglichkeit nicht explizit aufgeführt wird – sondern allein die Testversion des Premium-Accounts angeboten ist. Dieser wird dann nach Ablauf der Testphase zu einem kostenlosen Account herabgestuft: Die Inhalte werden also nicht exklusiv dem “zahlenden” “Podimo”-Publikum vorbehalten. Die Frage ist aber auch hier, ob es darauf ankommt. Letztlich nutzt Podimo natürlich die frei verfügbaren Podcasts zur Steigerung der Attraktivität des Angebots und ob die freien Podcasts sich nur vor der Paywall befinden oder dahinter, merkt der Premium-Nutzer im Zweifel gar nicht.

Ich bleibe deshalb auch bei meiner Ansicht. Es kommt mit Blick auf die oben zitierte EuGH-Rechtsprechung auch gerade nicht auf entlang der urheberrechtlichen Nutzungsarten verlaufende formale Aspekt an, wie etwa wie: “Stream ist Stream und Download ist Download” oder “Podcasthörer sind eben Podcasthörer”.

Es geht bei den Kriterien des EuGH letztlich um eine wertende Betrachtung. Bei der Verbreitung von Podcasts (die zuvor über RSS zur Verfügung standen), über eine App und die Vermarktung über ein Abo-Modell ohne Offenlegung der Quell-URL ist meiner Ansicht nach sowohl das Merkmal “anderes technisches Verfahren” als auch “neues Publikum” sogar kumulativ erfüllt.

Noch ein Hinweis: Nico Berlin von Podimo hat auf “DLF Nova – Was mit Medien” zu einigen hier diskutierten Aspekten Stellung bezogen, abrufbar hier (ab 25″08′)

Über Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

14 Gedanken zu „Aufregung um Podcast-App #Podimo

  1. Das mit der “Vergütung” ist sogar noch ein klein wenig schlimmer. 50% gibt es nur für exklusive Inhalte, also welche die nur bei Podimo gelistet sind. Für die anderen “freien” gibt es 20% und das auch nur wenn die vom Ersteller “geclaimt” werden. Das ist schon maximal dreist!

    Was bekommt der Podcaster von Podimo als Service? Nichts! Podimo kostet die Dateien nicht und kommt daher auch nicht für den Traffic auf, das bleibt alles beim Podcaster. Podimo bedient sich nur an den Inhalten, lässt aber die technische Realisierung schön beim Podcaster….und dafür nehmen di sich dann ernsthaft auch noch 80% des Kuchens. In der Werbung von Podimo sieht das Anders aus! Hier wird suggeriert, dass man mit seinem Abo bei Podimo die Podcasts die man hört unterstützt…davon kann bei 20% aber kaum die Rede sein! In erster Linie unterstützt der Hörer hier Podimo die dem Podcaster keinerlei Dienstleistung oder Vorteil bringen. Das ganze ist eine absolute Frechheit!

    1. Ich erinnere mich daß ganz früher, als Traffic noch richtig teuer sein konnte, das “Hotlinken” einmal verpönt war und Möglichkeiten es zu unterdrücken propagiert wurden. Die Zeiten sind lange vorbei. Geistiges Eigentum zu kopieren und selbst zu hosten ist klar eine Aneignung, die eine Zustimmung erfordert (die bei CC-BY aber gegeben wurde). Ein Link nennt den Urheber. In Zeiten, wo viele nach dem Aufkommen des Web geborene längst erwachsen sind und selbst Kinder haben, kann man imho auch die Fähigkeit zum Lesen von Seitenquelltext genauso voraussetzen wie die von Telephonbüchern und Busfahrplänen.

  2. Sehr spannender Einblick, danke. Was in der Diskussion oft angebracht wurde: “Mein Podcast steht unter CC-BY-NC-Lizenz und das schließt die kommerzielle Verwertung (durch Podimo) aus” Wie siehst Du das?

    1. Wer mir folgen möchte und die Nutzung als eigenständige öffentliche Zugänglichmachung ansehen will (was man natürlich gern auch anders sehen kann), muss auch den Schluss ziehen, dass die CC-BY-NC Lizenz nicht zur Nutzung ausreicht. Denn durch das Abo-Modell wird die Nutzung ja unmittelbar monetarisiert (daran ändert auch eine kostenlose “Testphase” nichts).

      Edit:
      Um es aber noch einmal klarzustellen: Es gibt keinen Unterschied zwischen der “Urheberrechtsproblematik” und der “Lizenzproblematik”: Für eine urheberrechtlich irrelevante Nutzung brauche ich keine Lizenz. Auch keine CC-Lizenz. Dh.: Das Problem der NC-Lizenz stellt sich überhaupt nur, wenn wir eine erlaubnispflichtige, eigenständige öffentliche Zugänglichmachung annehmen.

      1. Ich verstehe das nicht ganz. Es wird ja nur ein Bezahlsystem für die Eigenproduktionen des Hauses geben, sowie für Podcasts die sich entschieden haben exklusiv hinter die Paywall zu kommen. Alle andere bleiben ja frei zugänglich. Dann wird ja auch nicht unmittelbar monetarisiert.

        1. … jedoch jedenfalls mittelbar.

          Wobei:

          “All diejenigen Creators, die ihre Podcast auch noch über eigene und andere Kanäle laufen haben, will Podimo zu 20 Prozent an den Gewinnen beteiligen. Vorausgesetzt, diese wissen davon, dass ihr Podcast hier zugänglich gemacht wird, melden sich und fordern die Gewinne auch ein. Tun sie das nicht, zahlt die Plattform auch nichts aus.” – schreibt t3n: https://t3n.de/news/podcast-app-podimo-launch-gegen-1221330/

          Der Sachverhalt ist also auch an der Stelle etwas undurchsichtig. Außerdem wurden, wenn man dem oben verlinkten Text glauben darf, auch die Opt-Outs teilweise nicht beachtet. Wer nun genau vor oder hinter welcher Paywall landet.. ist mir jedenfalls nicht klar.

          1. Hallo,

            ich hatte bei der Recherche des t3n-Artikels mit einigen betroffenen Podcaster*innen via Twitter Kontakt. Die meisten von ihnen hatten vorher noch gar nichts von Podimo gehört. Einige hatten eine Mail bekommen – das besagte Opt-Out-Ding – und widersprochen. Einer von ihnen hatte zusätzlich zur Mail auch mit Podimo telefoniert und auch dort keine Freigabe erteilt. Die von ihm gemachten oder zumindest mit verwalteten Podcasts waren seiner Aussage nach anfangs jedoch trotzdem im Podimo-Portfolio zu finden. Erst auf Aufforderung verschwanden sie (nach einem gewissen “Bearbeitungszeitraum”) aus dem Katalog.

            Und auch nach Launch der App/des Angebots hatte niemand nochmal eine Benachrichtigung bekommen, dass eigenes Podcast-Material bei Podimo mit drin ist – und sich damit ggf. Geld (diese besagten 20%) verdienen ließe. Man muss sich dafür ja bei denen als Podcaster*in anmelden. Wenn man das dann nicht über andere Wege mitbekommt, hat man Pech gehabt.

            Viele Grüße,
            Julius Beineke

  3. Aus meiner Nicht-Juristen-Sicht ist die Nutzung von CC-BY-NC Podcasts auch dann nicht korrekt, wenn man dort mit kostenlosen Accounts auf diese Podcasts zugreifen kann.

    Die Podcasts werden nämlich nicht aus Freundlichkeit in deren Katalog integriert, sondern dienen als Werbemittel, um die eigenen kostenpflichtigen Inhalte attraktiver bzw. überhaupt erst mal bekannt zu machen. Aus meiner Sicht heraus ist das dann eine kommerzielle Nutzung.

  4. Das Hauptproblem ist in meinen Augen allein die fehlende Nennung des URL, besonders natürlich bei CC-BY. Soweit Urheber hoffen, beim Abruf nicht über den direkten URL sondern die eigene Seite Schnüffelskripte unterjubeln und Daten abschöpfen und verkaufen zu können, ist das ganz sicher kein durchsetzbarer Anspruch. Siehe den immer noch, wenn nicht mehr denn je, aktuellen Artikel von Richard Stallman zum Geldverdienen mit freien Inhalten .

    1. Ich glaube nicht, dass es um das Abgreifen von Daten geht. Vielleicht aber um den Aspekt der Eigenwerbung, den der BGH ja als Teil des Verwertungsrechts des Urhebers anerkennt. Dazu bleibt auch die Frage: greift die App auf die originalressource zu oder gibt es irgendeine Art Zwischenspeicherung. Das ist jedenfalls für mich nicht erkennbar, wäre aber interessant auch aus dem Gesichtspunkt heraus, wieviel Kontrolle der Urheber über sein Werk behält.

      1. Es ist ja durchaus üblich, in Blogs alle URLs zu unterdrücken. Wenn aber jetzt in meinem Text “Richard Stallmans Artikel” steht ohne die (eine) Quelle zu nennen, dann erinnert das sehr an talmudische Diskussionen, wo bei Anspielungen auf Bibelzitate ebenfalls die Quelle nie genannt wird, weil man voraussetzt, daß jeder die Leser die Bibel vollständig im Kopf hat. Einen Verweis auf die Free Software Foundation hätte man imho durchaus stehen lassen können.

  5. Hiess es früher “Dänen lügen nicht” so würde ich heute sagen: Diese Dänen haben sich das google/spotify Modell angeeignet, greifen alles ab und streamen erstmal wild drauflos. Wer Einspruch erhebt ist nach deren Denke “selber Schuld”. Als selber geschädigter Urheber, dessen Musik ungefragt gestreamt wird und der dafür 0.002 CENT pro stream von diesen modernen Raubrittern “erhält”, würde ich klagen (was ich im Fall Spotify auch tue).

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