“Blue Port Hamburg”: Blaues Licht mit Urheberrechtsschutz

Die Hamburger Tagespresse hat ein Urheberrechts-Aufregerthema und um ehrlich zu sein: Diesmal kann ich den Unmut ganz gut verstehen. Instagram-User haben offenbar Rechnungen der “VG Bildkunst” erhalten, weil sie Fotografien der Lichtinstallation “Blue Port Hamburg” öffentlich zugänglich gemacht haben. So schreibt das unter anderem die “Hamburger Morgenpost“. Kann das wahr sein? (Spoiler: “Ja, kann.”)

“Blue Port Hamburg” ist ein Lichtkunst-Projekt des Künstlers Michael Batz, bei dem, der Hamburger Hafen (im geografisch weitesten Sinn) an verschiedensten Stelle mit blauen LEDs illuminiert wird. Das Ganze ist hübsch anzusehen (Mehr dazu hier).

Das dachten sich offensichtlich auch einige Instagram-Nutzer(innen) und veröffentlichten Fotos der Installation auf ihren Instagram Profilen. Dort stöberte die VG-Bildkunst – das die zuständige Verwertungsgesellschaft für die Rechte an der Blue-Port-Installation – die entsprechenden Fotos auf und sandte eine Rechnung: so ca. 28 Euro soll es kosten, ein entsprechendes Foto dort zu veröffentlichen. Immerhin: Es werden, soweit ersichtlich, keine Unterlassungsansprüche geltend gemacht. Auch spielt man mit “offenen Karten”: Auf der Homepage von Blue Port Hamburg fanden sich Hinweise zum Urheberrecht an der Installation, vor allem für Fotograf*inn*en.

So lautete ursprünglich der Hinweis auf die “Regeln des Urheberrechts” auf der Blue Port-Website. Der ist zwischenzeitlich in eine freundlichere Version geändert worden, nach der “Hobbyfotografen” ihre Blue-Port-Fotos nicht-kommerziell verwenden dürfen (Siehe Update am Ende).
War nicht was mit “Kunst im öffentlichen Raum” oder so?

Man mag da erst einmal stutzen: Ist es nicht eigentlich erlaubt, Kunst, die sich auf öffentlichem Grund befindet, zu Fotografieren? Richtig ist, dass die Panoramafreiheit aus § 59 UrhG genau den Zweck hat, die Monopolisierung des Straßenbildes zu verhindern. Und deshalb auch gestattet, Kunst, die sich bleibend an öffentlichen Wegen und Plätzen befindet, zu vervielfältigen (und die Fotografie eines dreidimensionalen Werkes ist nichts anderes als dessen zweidimensionale Kopie). Allerdings wird dabei oft ein entscheidendes Detail übersehen: Das Merkmal “bleibend” ist zwingend und dann nicht erfüllt, wenn das Kunstwerk nach einigen Tagen wieder abgebaut wird (so wie bei Blue Port Hamburg, die Sache ist nämlich am 15.9.2019 vorbei).

Und so heißt es dann hier recht eindeutig: Panoramafreiheit? – Nö. Höchstrichterlich entschieden ist dies z.B. auch bereits in Bezug auf die Reichstagsverhüllung des Künstlers “Christo” (BGH, Urt. v. 24. 1.2002 – I ZR 102/99 und nein: Damals gab es “Instagram” noch nicht).

Ein anderer Punkt ist aber rechtlich möglicherweise interessant. Wie John Rambo vor über 30 Jahren etwas knapp aber durchaus zutreffend sagte: “Das ist Blaues Licht. Es leuchtet blau”.

Denn natürlich besteht nicht an jeder blauen Lampe ein Urheberrecht. Und während man sicherlich gut vertreten kann, dass “Blue Port Hamburg” als Ganzes und auch in seinen wesentlichen Teilen ein “Werk” gemäß § 2 UrhG darstellt, gilt das deswegen noch nicht für jede einzelne LED. Auch kann es Aufnahmen geben, auf denen Werkteile zu sehen sind, die an sich dem Urheberrecht unterliegen, aber nur “unwesentliches Beiwerk” (§ 57 UrhG) darstellen und deshalb auch erlaubnis- und vergütungsfrei sind.

Das heißt: Je nachdem, was genau auf einem Foto zu sehen ist, ist auch eine Aufnahme, die Teile von “Hamburg Blue Port” zeigt, weder erlaubnis- noch vergütungspflichtig. Das ist dann eine Frage des Einzelfalls, also des jeweiligen Fotos. Und an dieser Stelle wird man sich im Einzelfall auch trefflich streiten können. Ein totales “Fotografierverbot” für blaue Lampen im gesamten Hafen wegen der Installation gibt das Urheberrecht aber ganz sicher nicht her (auch nicht in Bezug auf eine “kommerzielle Nutzung”, wobei dieser Begriff aber ohnehin mehr Fragen aufwirft als er beantwortet).

Kann also schon sein, dass ein Foto der Vergütungspflicht unterliegt, muss aber nicht. Natürlich stellt sich aber auch die Frage, ob es eigentlich “sein muss”, dass Instagram-User auf diese Art zur Kasse gebeten werden. Meine Antwort würde hier lauten:

Eigentlich nicht.

Update:

Es gibt nun eine Reaktion auf die Aufregung von Seiten des Künstlers: “Hobbyfotografen” sollen nun nicht mehr zahlen müssen, nur die kommerzielle Nutzung soll weiter über die VG-Wort abgerechnet werden (Hinweis auf der Blue Port-Website).

Über Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

7 Gedanken zu „“Blue Port Hamburg”: Blaues Licht mit Urheberrechtsschutz

  1. Wenn man nun nachweislich in den letzten Jahrzehnten regelmäßig zu Weihnachten die Außenkanten seines Eigenheims mit blauen Lichtschläuchen versehen hat, kann man dann den “Künstler” Batz auch wegen Diebstahls der künstlerischen Idee und plagiatieren verklagen, da er ja nun mit dieser geklauten Idee Geld verdient?

    1. Nein. Denn Was Batz macht, wäre ein anderes Werk aufgrund derselben Idee, die Idee an sich genießt aber keinen Urheberrechtsschutz (Ich bin nicht ganz sicher, ob Sie die Antwort auf die Frage tatsächlich interessiert hat, aber sicher ist sicher ;-).

  2. Das generelle Problem ist meiner Meinung nach nicht, dass die temporäre Kunstaktion als solche geschützt ist, sondern dass offensichtlich kaum jemand die Regelungen kennt und das auch nicht eindeutig definiert ist, für welchen Zeitraum und für welches Gebiet der Schutz gültig ist (immerhin ist hier eine Fläche von zig Quadratkilometern betroffen). Teile der Installation leuchten schon seit Ende August und erfahrungsgemäß leuchten viele der blauen Neonröhren auch weit über das Ende des Blue Ports hinaus.
    Würde sich die Licht-Installation auf einen kleinen Teil des Hafens beschränken, wäre das noch in Ordnung. So wie es jetzt ist, herrscht quasi für den kompletten September ein generelles Fotografierverbot von den Elbbrücken bis nach Blankenese (denn was bringt mir ein Foto, wenn ich es nicht zeigen darf).
    Das ist besonders ärgerlich, weil gerade der September ein besonders schönes Licht bietet.

    Für mich stellt sich auch die Frage, ob diese Lichtinstallation so schützenswert ist, dass dadurch die fotografische Freiheit von hunderttausenden Hamburgern und Hamburg-Besuchern stark eingeschränkt wird. Und was hat das noch mit Kunst zu tun, wenn diese flächendeckende blaue Beleuchtung den Rahmen für eine riesige Werbeveranstaltung der Kreuzfahrtindustrie bildet?

  3. Ich sehe das ähnlich, ich glaube aber auch, dass es mit der Werkqualität tatsächlich nicht so einfach ist. Denn die Frage ist ja, wo der Urheberrechtsschutz anfängt. Jedenfalls überschreitet die Abbildung einer einzelnen Lampe die Schutzschwelle sicher nicht. Aber was ist mit “ein paar” blauen Lampe an einem Kran? Oder ist es vielmehr so, dass sich die “Kunst” (und damit das Werk) erst daraus ergibt, dass eben an ganz vielen verschiedenen Orten die Lämpchen leuchten? Dann kann man aber auch vertreten, dass nur eine Abbildung, die genau dieses Zusammenspiel visuell einfängt, eine Vervielfältigung ist, die der Urheber genehmigen muss (kann). Umso fragwürdiger finde ich das Vorgehen hier.

  4. Ich fahre kilometerweit, um die Cruisedays zu besuchen und Schiffsfotos für meine Website zu machen, übeer die ich Kreuzfahrten vermittle. Die Vermittlung ist natürlich kommerziell, damit verdiene ich Geld. Eigene Fotos von den Schiffen und dem Trubel im Hamburger Hafen darf ich nun aber nicht auf meiner Website nicht veröffentlichen, weil da irgendwer blaues Licht als Kunst definiert hat?

    Was soll ich tun? Mit Fotoshop alle blauen Lampen auf orange uumfärben?

    Die Frage ist nicht ernstgemeint, die Sachlage aber nicht lustig.
    Das Urheberrecht für ein Kunstwerk verhindert meine berufliche Ausübung (oder wie immer das juristisch heißt). Zu fragen wäre auch: Wie kann es sein, daß ich zu einem Event namens Cruise-Days gelockt werde und dort nicht das tun kann, was eigentlich alle (bis auf den Künstler) in erster Linie wollen: Kostenlose Werbung für Hamburg und die Kreuzfahrten auf meiner Website (und natürlich auf allen anderen Instagram-/Facebook-etc-Kanälen).

    Da muß sich die Stadt Hamburg wohl mal eine andere Lösung ausdenken, so schreckt das ab und verdirbt den Zuschauern und potentiellen Multiplikatoren den Spaß. Vielleicht sollte Herr Batz im (über)nächsten Jahr den Blue Port alleine ausrichten, mit dem Unterpunkt Cruise-Days? Dürfte ihn eine Stange Geld kosten, ob er bereit dazu ist? Und ob dann auch so viele Zuschauer kommen?

    Deutschland reguliert sich zu Tode, nichts darf man mehr.

    1. Moin Herr “Ratlos”,

      ich hatte ja schon gesagt: Ich teile Ihren Ärger und vor Allem Ihr Unverständnis absolut und ich meine, es trifft auch zu, wenn Sie hierfür (auch) die Freie und Hansestadt Hamburg mit verantwortlich machen. Allerdings hat dies mit Regulierungswut in Deutschland o.ä. nun nichts zu tun: Die zugrunde liegenden Vorschriften sind 50 Jahre alt und in anderen europäischen Ländern oft sogar noch strenger. Kein Gesetz verpflichtet den Künstler aber, seine (eventuell) bestehenden Ansprüche auch durchzusetzen, so dass tatsächlich dieser und eben auch die FuH HH sich fragen müssen, ob sie im Vorfeld die richtigen Absprachen getroffen haben.

      (Lampen umfärben bringt aber nichts. Dann wären wir bei einer Bearbeitung nach § 23 UrhG und auch deren Veröffentlichung ist erlaubnispflichtig, wenn denn das ursprüngliche Foto bereits ein “Werk” zeigte. Ein paar Hinweise dazu, wie stark Sie ein Foto bearbeiten müssten, damit das, was drauf zu sehen ist, keine Bearbeitung mehr ist, finden Sie in diesem Text: Wo endet das Urheberrecht an Fotos?)

  5. Moin Herr Dirks,
    ja, Bildrechte sind ein generelles Problem, aber auch vielfältig geregelt. Auch die “freien” und “kostenlosen” Bilder aus den Online-Datenbanken sind nicht immer kostenlos.
    https://www.prreport.de/singlenews/uid-898556/was-taugen-kostenlose-bild-datenbanken/

    Um mich nicht bei jedem Foto auf die Suche nach dem Fotografen machen zu müssen, um mir eine Erlaubnis für die Verwendung einzuholen, mache ich i.d.R. inzwischen meine Fotos lieber selber. Die mögen dann zwar nicht so “schön” sein, aber zumindest weiß ich, daß ich Originale habe.

    Bisher mußte ich schon darauf achten, eher “leblose” Fotos zu machen, um das persönliche “Recht am Bild” einzelner Personen nicht zu verletzten, nun darf ich auf solchen Events wie den Cruise Days quasi gar nicht mehr fotografieren, weil da ein Künstler oder vielmehr die Verwertungsgesellschaft seiner Kunst eine ganze Stadt in Sippenhaft nimmt und für sich vereinnahmt. Ob das so richtig sein kann? Frage ich rhetorisch und fernab juristischer Fachsprache. Antwort nicht erforderlich.

    > Für die Hansestadt sind die Cruise Days ein wichtiges touristisches und wirtschaftliches Ereignis, wie Tourismuschef Michael Otremba sagte. “Das sind Bilder, die um die Welt gehen. Bilder, die Menschen begeistern. Das ist etwas, das einzigartig ist”, sagte der Geschäftsführer von Hamburg Tourismus. Von den Besuchern kommen nach den Erfahrungen der letzten Male etwa zwei Drittel nicht aus der Hansestadt.
    https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Cruise-Days-in-Hamburg-zu-Ende-gegangen,cruisedays442.html

    Was Herr Otremba wohl sagen würde, wenn all diese Fotos – egal ob privat auf Facebook/Instagramm oder kommerziell auf Websites – alle nicht geschossen, verteilt und geliked würden? Schließlich sind die Kosten der Besucher eh nicht zu vernachlässigen: Anfahrt, Hotel, Verpflegung (Bratwurst 4€!)…). Wenn da nun auch noch mit Bildrechteforderungen zu rechnen ist…

    Dann doch vielleicht besser gleich Eintritt verlangen bei Betreten der Hansestadt Hamburg. Da kann ich dann als Besucher vorab sauber kalkulieren.

    Ihnen eine gute Woche!

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