Fischer ./. taz

Thomas Fischer ist derzeit vielleicht der bekannteste, jedenfalls aber der medienpräsenteste Jurist Deutschlands. Jüngst mehren sich die Indizien, dass das nicht für immer so bleiben muss (denn er hat seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand beantragt und seine Zeit-Kolumne fällt bis Ende April 2017, also immerhin für sechs Wochen, krankheitsbedingt aus). Leute, die ihn näher kennen, wissen über ihn dies oder das zu berichten, er sei zum Beispiel nicht der umgänglichste Kollege, aber wer ist das schon. Über mich sagt das wahrscheinlich auch der eine oder die andere.

In meiner Filterblase ist das Fischer-Bild etwas differenzierter. Viele der Juristenkolleg(inn)en darin finden seine Kolumnentexte des Öfteren u.a. ein bisschen peinlich, weil er sie dazu nutzt, persönliche Empfindlichkeiten auszuleben. Mir geht das inzwischen meist auch so, allerdings: nicht durchgehend. Die TV-Kritik zu einer “Maischberger”-Sendung, in der die Wendt-Fraktion den Vernünftigen Schläge androhte, war so eine sehr rühmliche Ausnahme. Jedenfalls ist sich Professor Fischer dem Anschein nach für keine mediale Schlammschlacht zu schade, und dazu nutzt er eben gern die Foren, die Medienunternehmen ihm bieten, ob es nun die “Zeit” ist oder jüngst “Meedia”.

In dem zuletzt genannten Medium drosch Fischer nämlich auf die taz-Journalisitin Simone Schmollack ein, mit der es zum Streit über die Veröffentlichung eines Interviews gekommen war. Dieses hatte die Journalistin mit Fischer in dessen Haus in Baden-Baden geführt. Der Bitte um Autorisierung des Interviews kam Fischer offenbar nicht in der erwarteten Weise nach, sondern bearbeitete den Text gleich selbst (und fügte, wie Schmollack in der taz später klagte, “10.000 Zeichen” hinzu). Man bekam sich in die Haare, schließlich veröffentlichte Schmollack einen beleidigten Text über das schief gelaufene Interview-Projekt. Fischer antwortete via Meedia, und dabei machte er auch gleich eine der ihm zur Autorisierung vorgelegten Interviewfassungen öffentlich.

Ein weiterer, irgendwie typischer Fischer-Stunt. Aber einer, der auch rechtlich nicht unspannend ist, wie der Kollege Kompa auf seinem Blog sehr treffend schreibt, denn es stellt sich die Frage, inwiefern Interviews auch Sprachwerke sind, deren urheberrechtlich relevante Nutzung ggf. natürlich eine Lizenz erfordert. In einem von LG Hamburg entschiedenen Fall wurde das im einstweiligen Verfügungsverfahren für Interviewfragen bejaht. Hier ist die Sache etwas komplizierter, denn Fischer dürfte durch seine umfangreiche Zuarbeit ja sogar Miturheber gewesen sein. Auch das Zitatrecht aus § 51 UrhG könnte man diskutieren (denn die Veröffentlichung erfolgt nicht allein stehend irgendwo, sondern in Zusammenhang mit einem längeren Text, in dem Fischer seine Sicht der Affäre darlegt), allerdings gilt das Zitatrecht nur für “veröffentlichte” Werke, was ja hier gerade noch nicht der Fall war.

Ach, und irgendwie kann man ihn ja auch verstehen. Denn warum soll er sich einfach unwidersprochen gefallen lassen, dass Frau Schmollack ihn über die taz angreift? Aus seiner Sicht liegt da vielleicht so etwas wie Notwehr in der Luft (oder zumindest so eine Art “Wahrnehmung berechtigter Interessen”, § 193 StGB, die hier aber eher nicht analog anzuwenden ist).

Fast ein bisschen Schade, dass es zu einer juristischen Aufarbeitung wohl eher nicht kommen wird. Unterhaltsam wäre die wohl in jedem Fall gewesen.

Über Stephan Dirks

Stephan Dirks ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht und Inhaber der Kanzlei DIRKS.LEGAL.

2 Gedanken zu „Fischer ./. taz

  1. Trivialen Interviewfragen einen urheberrechtlichen Schutz zugestehen zu wollen, halte ich zumindest für gewagt, auch wenn das unsere liebste Pressekammer einmal so meinte. Dass ihm ein Recht zum Gegenschlag zusteht, halte ich allerdings für unbestreitbar.

  2. Dass Recht zum Gegenschlag würde ich ihm grundsätzlich auch nicht absprechen. Die Frage stellt sich aber doch, wie weit es geht. Dass ein redigiertes Interview als Werk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt ist, steht wohl außer Streit. Das “Recht zum Gegenschlag” soll also im Zweifel das Urheber(persönlichkeits)recht ausstechen? Immerhin war das Interview noch nicht einmal veröffentlicht. Das halte ich nun wieder für gewagt. Gilt das dann für alle vier Interviewversionen? Oder nur für die eine?

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